MOVEMENT von HOLLY HERNDON ist wie eine Weiterentwicklung und Herausforderung einer der aufregendsten neuen Stimmen, Produzenten und Komponisten des Jahres an.
In einem aktuellen Interview mit dem britischen Magazin FACT widerlegte Holly Herndon die Behauptung, elektronische Musik sei der Stoff unpersönlicher und unmenschlicher Androiden. Die gebürtige Tennesseeerin hat sich dieser Erzählung selbst angeschlossen, als sie im elektronischen Zentrum Berlins lebte, wo sie, obwohl sie in einer Band namens Electrocute spielte, begann, Kontrabassunterricht zu nehmen. Ihre Hoffnung war, dass sie eines Tages als Komponistin ernst genommen werden könnte, wenn sie ein „echtes Instrument“ beherrschen würde. Doch nachdem sie in die USA zurückgekehrt war, um im elektronischen Heiligtum des kalifornischen Mills College zu studieren, wurde ihr klar, dass ihr Laptop – ein Netz aus Code und eine Klangquelle – Musik so persönlich, intim und wichtig machen konnte wie die eines Ensembles. „This is actually the most interesting instrument for me“, sagte sie zu FACT. „I also think that it’s the most personal instrument that the world has ever seen.“
Viele Menschen sträuben sich möglicherweise gegen die Vorstellung, dass ein Computer irgendwie ein persönlicheres Instrument sei als die üblichen akustischen Musikinstrumente. Denn wie kann eine Kiste aus Drähten, Schaltkreisen und Chips, die mit einem Bildschirm verbunden sind und mit den Fingern gesteuert werden, individueller sein als eine Gitarre, deren Saiten einfach mit den Fingern gezupft werden. Aber bis zu einem gewissen Grad sind Computer für immer formbar und können so programmiert und umprogrammiert werden, dass sie sich an Bedürfnisse und Launen anpassen und im Gegenzug diese alten Ausdrucksweisen auf eine Art und Weise verändern, die ihnen selbst nicht möglich wäre.
Auf ihrem eigentlichen abendfüllenden Debüt „Movement“ nutzt die in Kalifornien lebende Komponistin ihre kristalline Stimme als Haupteingabe für ihren Laptop und gelangt so zu einer ergreifenden Verbindung aus elektronischer Zugänglichkeit und Experimentierfreude, die ihren akademischen Vorfahren ebenso zu verdanken ist wie ihren Club-Zeitgenossen. Obwohl dieses Album wahrscheinlich mehr organische Klänge enthält als der Löwenanteil der in diesem Jahr veröffentlichten elektronischen Platten, ist es eines der kühlsten. Während es also auf „Movement“ einige wunderbar transzendente Momente gibt – beispielsweise der Titelsong – können sich die Ergebnisse eher wie eine Datensammlung als wie wirklich fesselnde Musik anfühlen.
Dennoch ist Herndon bei diesen freiformigen, aber tief konstruierten Übungen am stärksten. „Movement“ ist also eher ein Proof of Concept als ein vollständig ausgearbeiteter Gedanke, obwohl Herndon genug Leidenschaft in ihren Sound einbringt, um darauf hinzuweisen, dass einer kommen wird.
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