Wire – Mind Hive

Rock, VÖ: Januar 2020

Die klischeehemmende Natur von Wire’s bisherigen Alben stützt die Tatsache, dass sie in ihrem fünften Jahrzehnt ihrer Karriere nachhallende Musik produzieren, die einer gewissen Logik folgt. Die Rekrutierung eines neuen Gitarristen aus einer viel jüngeren Generation (Matt Simms, der 2010 das Gründungsmitglied Bruce Gilbert ablöste) brachte zweifellos zusätzliche Vitalität mit sich, aber was auch immer die Langlebigkeit von Wire letztendlich ausmacht, findet sich überwiegend im Jahr 2011 wieder. „Red Barked Tree“ ist daher nahezu unverzichtbar. Die Kehrseite ist natürlich, dass jede neue Wire-Platte sich gegen die legendäre Anfangsphase der Band und ihre jüngste Vergangenheit behaupten muss. 

 

Während „Mind Hive“ – der mit Spannung erwartete Nachfolger des beeindruckenden „Silver / Lead“ aus dem Jahr 2017 – mit einer gewissen Erwartungshaltung aufwartet, droht es nie, sich unter der Belastung zu verbiegen. Es ist nicht so, dass „Mind Hive“ besonders wegweisend ist. Tatsächlich flirten einige der besten Tracks (der unruhige, motorische Antrieb von „Cactused“ und die gezackten, Stakkato-artigen Ausbrüche des bedrohlichen „Be Like Them“) ganz offen mit Vertrautheit. Doch wie es bei dieser Gruppe immer der Fall zu sein scheint, stecken in diesen Songs beneidenswerte Reserven an zeitgenössischer Energie, die sicherstellen, dass sie frisch und ohne die geringste Spur von Parodie serviert werden.

Wire’s altbewährtes Gespür für das Verschleiern bedrohlicher Stimmungen in unwiderstehlichen Melodien erstrahlt in „Mind Hive“ insbesondere in einer Reihe prägnanter Popsongs im Stil von „Chairs Missing“ aus dem Jahr 1978. Später, wenn Wire den expansiveren Stil von Alben wie „Silver / Lead“ wieder aufgreifen, klingt es genauso zielgerichtet wie früher. Das täuschend ruhige Gleiten von „Unrepentant“ bietet eine Verschnaufpause von den kraftvollen Anfängen des Albums und leitet eine brütende zweite Hälfte ein, die durch „Shadows“ veranschaulicht wird. Während die Zeiten der Erfindung des Genres lange vorbei sind, haben Wire mit „Mind Hive“ eindrucksvoll bewiesen, dass es möglich ist, bestehende Grenzen durch Einführung äußerer Einflüsse sinnvoll zu erweitern.

7.2