Mit SCATCH IT liefert U.S. GIRLS das bisher aufregendste Tape-Fieber des Jahres – eine feministische Americana-Odyssee zwischen Nashville-Groove, Soul-Glanz und lässiger Wut.
Meg Remy ist eine, die kratzt. Die Popgeschichte, die Klischees, die Mythen – und manchmal sich selbst. Und genau das tut sie auf ihrem neuen Album „Scratch It“, erschienen bei 4AD, mit mehr Gelassenheit und Schärfe als je zuvor. Die Künstlerin hinter U.S. Girls, geboren in den USA, wohnhaft in Toronto, ist bekannt für ihre popkulturellen Häutungen. Hier gleitet sie aus ihrem 80s-Funk-Gewand und streift sich ein abgewetztes, aber edel glitzerndes Vintage-Outfit über.
Remy hat das Album in nur zehn Tagen in Nashville aufgenommen – live, auf Tape, mit einer Band, die klingt wie ein Roadtrip durch die Geschichte der amerikanischen Musik: Country, Gospel, Psychedelic-Soul, Funk, Folk. Und über allem ihre Stimme: ironisch, verletzlich, glitzernd, sanft beißend. Der Einstieg „Like James Said“ klingt wie die Antwort einer tanzwütigen Sirene auf James Browns „Get Up Offa That Thing“: „I’m the queen of exorcising pain / This choreography is only for me.“
Schon hier wird klar: Das ist keine Pose, das ist ein Bewegungsmanöver gegen die Welt da draußen – und gegen die Unsichtbarmachung der Mutter, der Musikerin, der Frau. „Dear Patti“ ist ein leiser, wütender Brief an Patti Smith, eine Hommage an das Verpassen, an Care-Arbeit, an die Wut darüber, auf Bühnen immer nur „eine von zwei Frauen“ zu sein. „Bookends“, das zwölfminütige Herzstück, ringt mit dem Tod und der eigenen Zerbrechlichkeit – eine psychedelische Eloge an Riley Gale von Power Trip.
Und in „No Fruit“ spuckt Remy der Selbstoptimierungsindustrie mit bitterer Soul-Funk-Schärfe ins Gesicht: „Just because you got some seeds, don’t think you’re gardening.“ Das Albumcover zeigt Remy in einem nostalgisch-bearbeiteten Porträt, wie aus einem Highschool-Jahrbuch aus den 70s – entrückt, aber wach. Die Künstlerin inszeniert sich als fragile Erinnerung und kämpferische Gegenwart zugleich. Es ist dieser Widerspruch, der „Scratch It“ so besonders macht: kein Retro-Kitsch, sondern ein feministisches Roadmovie durch Melancholie und Mut. Remy kratzt nicht nur an der Oberfläche – sie nimmt das ganze glänzende Laminat auseinander.
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