The Notwist – Vertigo Days

Indie Rock, VÖ: Februar 2021
VERTIGO DAYS weicht nicht weit von der etablierten THE NOTWIST Formel der weich fokussierten Indie Folk Electronica ab, die sich dadurch manchmal zu langweilig und unverbindlich anfühlt. Aber auch hier gibt es lebendige Schönheiten zu entdecken.

Die deutsche Indie Rock Band The Notwist hat seit 2015 kein Album mehr veröffentlicht. Obwohl sie seit mehr als 20 Jahren mit verschiedenen Mitgliedern zusammen sind, bestand das zentrale Trio der Gruppe schon immer aus Markus (Gitarre), Micha Archer (Bass) und Cico Beck (Elektronik). Die Musik hat sich im Laufe der Jahre verändert, behält aber auch auf dem neuen Album „Vertigo Days“ ihre Kernintegrität bei. Es kann lose als Electronica oder Post Rock beschrieben werden, aber die Klangelemente sind viel beliebiger, als diese Definitionen es vermuten lassen. Die breite Palette von „Vertigo Days“ passt somit auch hier sehr gut zu The Notwist. Immerhin haben sie sich immer einer einfachen Kategorisierung widersetzt und klangen selten so locker und spontan wie hier.

Das Herzstück von „Vertigo Days“ ist zweifelsohne „Into the Ice Age“ und erreicht auf seinem Scheitelpunkt aus Gitarren, Klavier, Saxophon und der Klarinette von Angel Bat Dawid tatsächlich schwindelerregende Höhen – doch auch das unscheinbare und verschwommene Zwischenspiel „Stars“ hinterlässt einen ebenso großen Eindruck. Die Dynamik des Albums trägt große und kleine Momente mit sich. Weitere Höhepunkte sind das dicht treibende „Al Sur“ mit Juana Molina und „Ship“, dass den Kontrast zwischen dem klirrenden motorischen Beat und der zarten Stimme von Saya perfekt nutzt. Langjährige Fans werden sich zudem darüber freuen, dass Songs wie das eindringliche „Oh Sweet Fire“ einen Hauch von Dub enthalten und wieder in das Herz des Post Rock zurückkehren.

Die Ambitionen, Erweiterungen und Kooperationen auf „Vertigo Days“ zahlen sich größtenteils aus, wenngleich der Sound insgesamt ein wenig veraltet klingt. So als ob alles Anfang der 2000er Jahre aufgenommen wurde, als Post Rock Alben mit Trip Hop und Electronica Elementen in Mode waren. Auch opfern The Notwist damit ein wenig den thematischen Zusammenhalt für die Belohnung einer größeren Klangvielfalt. Dennoch leistet „Vertigo Days“ gute Arbeit und erzeugt eine ähnlich filmische Retro Stimmung wie Mild Orange, Iska Dhaaf oder Yukon Blonde.

6.3