The Libertines – The Libertines

Indie Rock, VÖ: August 2004

War das ein Sommer. Im Jahr 2004 erschien das zweite und letzte Album der Libertines und bereits mit der ersten Single ‚ Can’t Stand Me Now ‚ wussten wir – diese Tage werden niemals wieder kommen. „An ending fitting for a start/ You twist and tore our love apart“. Es war der frühzeitige Höhepunkt eines quälend voyeuristischen Hörerlebnisses. Ein „was wäre wenn…“, hat es damals noch nicht gegeben. The Libertines und Franz Ferdinand zählten zu den Anführern der größten britischen Renaissance seit mehr als einem Jahrzehnt. Die Musik der Libertines besteht bis heute aus berauschenden und schmutzigen Hymnen, wie man sie wohl speziell in dieser Form lange nicht mehr erleben wird. Es wäre für heutige Bands sicherlich auch nicht erstrebenswert, diesen Vergleichen stand halten zu müssen. ‚ Last Post On The Bugle ‚ und ‚ The Man Who Would Be King ‚ waren zwei Ausnahmeerscheinungen, wenngleich insbesondere ‚ Last Post On The Bugle ‚ textlich unnötige Hinweise auf den damals überschwelligen Drogenkonsum gab. Kokain, Crack, was auch immer – das selbst betitelte Album war ein Wrack. Mit Absicht oder nicht, die Drogen wurden schlussendlich von den Libertines stets als Grund genannt…

Aber was soll’s. Denn kurz darauf tobte ‚ Narcissist ‚ durch die Gehörgänge und hier spürte man einmal mehr was passieren kann, wenn die eigenen Ideen zu leichtfüßig aus den Köpfen sprudeln. ‚ Narcissist ‚ war eine meisterliche Skizze, offenbarte die schiere Kunstfertigkeit des Albums und zeigte, wie man pure Unterhaltung ohne große Mühen in zwei Minuten Spielzeit pressen kann. Aber es war eben zugleich diese teuflische Verlockung, sich durch die vielen halbgeformten und überschüssigen Ideen schleifen zu lassen. Natürlich ist das Kritik auf einem äußerst hohen Niveau. „Arbeit macht frei“ war eine Parole, die in erster Linie durch ihre Verwendung als Toraufschrift an den nationalsozialistischen Konzentrationslagern bekannt wurde. Die Formulierung fand sich dann auch im Jahr 2004 in einen der Songs wieder. Die Libertines machen daraus eine 73-sekündige Trash-Punk Nummer und zelebrierten im folgenden Stück ‚ Campaign Of Hate ‚ einen Weiteren der unzählig schonungslosen und genussvollen Höhepunkte. ‚ What Katie Did ‚ zeigte uns dann eine neue bisher unbekannte Zärtlichkeit. Man kann heute noch während diesen Minuten so einfach diese ärgerliche Schlampigkeit vergessen als wäre es damals.

‚ Road To Ruin ‚ beginnt mit dem für mich persönlich besten Gitarren-Part, den die Libertines jemals aus dem Ärmel geschüttelt haben. Sicherlich ein brillanter Zufall, aber so ist das eben als musikalisches Genie. „How can we/ Make you understand/ All you can be/ Is written in your hand?“, heißt es dort fragend und ehe man eine Antwort parat hält, befinden wir uns auch schon im letzten atemberaubenden Stück ‚ What Became Of The Likely Lads ‚. Ein Pendant zu ‚ Can’t Stand Me Now ‚ und ein Plädoyer für die alten Tagen, als die Libertines noch gegen die Welt waren. Und was immer in der Zukunft passieren wird – diese Platte ist Geschaffen für die Ewigkeit. Ein Wegweiser und ein stets gern genommener Rückblick.

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