Nicki Minaj – Pink Friday: Roman Reloaded

HipHop/RapPop, VÖ: April 2012
Man kann PINK FRIDAY: ROMAN RELOADED von NICKI MINAJ als großartiges Rap-Album sehen, das von Anbiederungen heruntergezogen wird, aber man könnte es auch als Triumph sehen, als eines der größten Pop-Alben des Jahres mit einem halben Dutzend Tracks voller glühendem und schmutzigem Hip Hop.

Das zweite Album „Pink Friday – Roman Reloaded“ wurde u.a. von Dr. Luke (Taio Cruz, Rihanna, Ke$ha), RedOne (Lady Gaga), Alex Da Kid und Hitboy produziert. Im Fokus des neuen Albums steht ihr Alter Ego „Roman Zolanski“ aus dem Debüt. Nicki Minaj ist neben M.I.A. auf Madonna’s neuer Single „Give Me All Your Luvin“ zu hören und kreiert mit Ihrem Eröffnungsstück „Roman Holiday“ erstmal klare Standpunkte: „…these bitches couldn’t wipe my ass,” und “…colder than a blister.” Insgesamt ist der Track von einer schrulligen, psychotischen Theatralik umgeben, wenngleich natürlich hier die Reise durch die unzähligen Charakter und Stimmen Ihren Bestimmungspunkt findet. „Your dick in my face“, heißt es dazu im zweiten Stück „Come On a Cone“, dass mit rechtschaffener Effekthascherei, „And I’m not masturbating/ But I’m feeling myself“ einen Raum für die wichtigen Genüsse findet: „When I’m sittin‘ with Anna, I’m really sittin‘ with Anna/ Ain’t no metaphor/ Punchline/ I’m really sittin‘ with Anna“.

Synthies schlingern durch fröhlich pompöse Ausschweifungen, während stimmliche Verschiebungen sich schamlos in jede innere Authentizität fressen. „I Am Your Leader“ entstand in Kollaboration mit Camron & Rick Ross. Auch hier werfen einem die Synthies in eine willenlose Hypnose. Durch platzende Luftblasen wehen bedächtige Beats im nächsten Stück „Beez In The Trap“. Es ist zugleich eine impulsierende Mondlandschaft für HörerInnen, die auf Rap in Reinform stehen. Das gleichnamigen Titelstück „Roman Reloaded“ erinnert an M.I.A., „Champions“ wurde eine Spur zu seicht produziert und „Right By My Side“ entlässt Nicki Minaj dann Endgültigkeit in die Mittelmäßigkeit. Aber es wäre auch zu schön gewesen, diesem nahezu perfekt schizophrenen Moloch bis zum Ende beizuwohnen. Und so durchwandern wir in den nächsten Minuten die Hoheitsgebiete andere Radio-Diven, bis plötzlich der scheinbare Schickimicki-Song „Starships“ durch die Boxen bricht und man sich denkt: „Was zur Hölle geht denn jetzt ab?!?“.

Tatsächlich wird aus dem netten Pop-Song die Party deines Lebens. Zugleich ist es der Auftakt einer Partyreihe mit schwindelerregenden Synthies, dem natürlich gefälschten britischen Akzent und einer quietschenden, stimmgewaltigen Harajuku Barbie-Minaj. Im Mittelteil der Platte befindet sich die Musik von Nicki auf dem nächtlichen Höhepunkt. Der erste Teil war Hip-Hop, der Schlussteil wird zum Gemisch aus beiden Richtungen. Es wäre in diesem Sinne auch besser gewesen, auf die restlichen Songs zu verzichten. Es bleibt Zeitverschwendung, ein David Guetta hatte hier natürlich ebenso seine Geld-verschmierten Finger im Spiel und so endet mit „Masquerade“ die Explicit Deluxe Version von Nicki Minaj. Die erste Hälfte ist ohne Zweifel sehr geistreich, theatralisch, äußerst ansprechend und ein mit Ideen gestautes Hip-Hop Album. Danach schleichen sich Schwächen ein, die nur ein letztes Mal im Song „Starships“ in ihre Grenzen verwiesen werden.

7.2