Gossip – Music For Men

Alternative RockElectronic, VÖ: Juni 2009

„I hate Katy Perry! She’s offensive to gay culture, I’m so offended. She’s just riding on the backs of our culture without having to pay any of the dues and not being actually lesbian or anything at all.“ Diese erzürnte Aussage stammte von Gossip Frontfrau Beth Ditto Anfang Juni und meinte damit den Song ‚ I Kissed A Girl ‚, der sich nach Ihrer Ansicht über Homosexuelle lustig machen würde. Tja, daran erkennt wohl jetzt der vermeintlich ahnungslose Ausenstehender – auch The Gossip brauchen ein wenig Promotion im Vorfeld. Aber ganz unrecht hat Beth damit ja auch nicht. Wer glaubt schließlich schon ernsthaft an das süße Märchen, Miss Perry würde von einer Pfarrerstochter zur Lesbe mutieren. Nein das war das erfolgreiche Werk der Plattenfirma und hat das angestrebte Ziel mit Bravour erfüllt. An dieser gespielten Bewunderung brauchen sich The Gossip zum Glück nicht orientieren und nüchtern betrachtet, hat das amerikanische Trio musikalisch und äußerlich rein gar nichts mit Katy Perry zu tun.

Dafür umso mehr mit der neuen Platte ‚ Music For Men ‚ und Rick Rubin, dem Erfolgsproduzenten aus Long Island. Unter Ihm veröffentlichten bereits so namhafte Künstler wie Johnny Cash, Beastie Boys, Metallica, Slayer und viele mehr. Das der Mann aber auch ganz anders kann, beweist er nun beim vierten Studioalbum von The Gossip. Sanfte Töne zu experimentellen Tanz-Beats, catchy und sexy genug für die Tanzflächen dieser Welt und nur selten sind die kommenden Ereignisse vorhersehbar. Die Platte wandelt Ihre gesamte Spielzeit über äußerst sympathisch und mit viel Begeisterung durch federleichte Sound-Kostüme, kreiert individuelle Formen und jagt Ihren persönlichen Neigungen hinterher. Es lässt sich viel entdecken, während manches offen vor unseren Augen dahin schwindet und mit einer großen Portion Selbstbewusstsein die Richtung weißt. Diese herausragende Eigenschaft hat das Album in erster Linie Beth Ditto zu verdanken, die zusammen mit der Schlagzeugerin Hannah zwei bekennende Feministinnen vereint hat.

Umso witziger erscheint sogleich der gewählte Titel der vierten Platte, das auf dem Cover Hannah mit Ihrem Rockabilly zeigt. Highlight ist natürlich erstmal, das direkt ins Bein flutschende ‚ Heavy Cross ‚. Es erinnert zwar streckenweiße an ‚ Standing In The Way Of Control ‚, versucht zum Glück aber nicht zu kopieren und fährt eine Spur explosiver und dynamischer durch unsere Gehörgänge. Somit bildet ‚ Dimestore Diamond ‚ den passenden Opener, ruhig, cool und abgeklärt wabbern die Drums durch gegenwärtige 80er Revivals hindurch. „If there’s a risk, I’ll take it!“. Eine Aussage die besonders auf das stürmische ‚ 8th Wonder ‚ zu passen scheint. Nervös zucken die Gitarren durch ausgefallene Landschaften und hinterlassen dementsprechend weniger glatt gebügelte Melodien und Rhythmen zurück. Dennoch ist ‚ Music For Men ‚ insgesamt ruhiger und poppiger ausgefallen als Ihr Vorgänger.

‚ Love Long Distance ‚ wäre hier das ideale Beispiel das beide Elemente aufs Beste miteinander vermischen kann und trotzdem den nötigen Schuss Rock nicht vermissen lässt. Viel macht das Trio dementsprechend nicht falsch, außer so manche Plagiatsfalle hätte man sich im Mittelteil sparen können. Dafür bescheren uns Gossip gegen Ende mit ‚ 2012 ‚ noch eine treibende Cover Version des Kiss-Klassikers ‚ I Was Made For Loving You Baby ‚ – nur eben in der typischen Manier eine Beth Ditto. „It’s my goal in life to not be a pretentious jerk“. Eine Aussage der abschließend nichts mehr hinzugefügt werden muss.

7.2