Franz Ferdinand – Right Thoughts, Right Words, Right Action

Indie Rock, VÖ: August 2013
Wie immer erkundet das Songwriting von FRANZ FERDINAND Sex und Romantik mit subtil feiner Handwerkskunst. RIGHT THOURGHTS, RIGHT WORDS, RIGHT ACTION verbindet Disco und progressive Schnörkeleien zu etwas verführerisch Bizarrem.

Fast wäre die neue Platte von Franz Ferdinand das Album dieser Woche geworden. Eine Rechtfertigung dafür hätte es wahrlich nicht gebraucht. Der Verzicht darüber entstand aus einem anderen Grund und nennt sich MONEY. Jamie Lee, Charlie Cocksedge, Billy Byron und Scott Beaman aus Manchester zeigen auf Ihrem Debüt „The Shadow Of Heaven“ in dieser Woche faszinierende Vielfältigkeit von der wirklich ersten bis zur wirklich letzten Sekunde. Es soll jedoch keinesfalls die Leistung von Franz Ferdinand in den Boden drücken. Ganz im Gegenteil sogar. Ein Debüt ist in diesem Fall wesentlich einfacher und unbeschwerter aufzunehmen, als etablierte Band nach vier Jahren der kreativen Schaffenspause ein kleines Comeback zu wagen und sich dem Risiko zu stellen, darauf in Grund und Boden gestampft zu werden. Andererseits war der Schritt nach „Tonight: Franz Ferdinand“ wünschenswert, Alex Kapranos, Nick McCarthy, Robert Hardy und Paul Thomson brauchten diese Pause und man spürt es jetzt auf Ihrem vierten Album „Right Thoughts, Right Words, Right Action“ an vielen Stellen überdeutlich.

Man nehme beispielsweise die Single und eröffnendes Stück „Right Action“ mit Ihren ersten 21 Sekunden um dann erneut überdeutlich zu kapieren – Franz Ferdinand sind zurück im Pop-Geschäft. „But how can we leave you/ To a Saturday night or a Sunday morning/ Good morning“, singt da ein präsenter Kapranos und zugleich erinnern die Zeilen ein wenig an den Klassiker „Sunday Morning“ von The Velvet Underground aus dem Jahr 1966. Mit einem Schrei fallen wir dann in das zweite Stück „Evil Eye“ und befinden uns direkt in dermaßen griffigen Rhyhthmen, man möchte vor dem funkelnden Synthies, den geschmeidigen Funk-Anleihen, den richtigen Worten und den richtigen Gedanken zur zwinkernden Düsternis vor die Füße fallen. „Love Illumination“ glänzt mit seinen hyperaktiven Drehungen und gibt uns dann kurz vor der dritten Minute endlich eine kleine Verschnaufspause. Vielleicht hätten da aber Franz Ferdinand einen Schlusspunkt setzten müssen. Denn besonders nach mehreren Durchläufen nervt der letzte Teil erheblich. Besonders jetzt wo man die gesamte Platte kennt.

Da hat das Quartett aus Glasgow ordentlich nachgelegt. Nächster Beweis gefällig? Nehmen wir das folgende Stück „Stand On The Horizon“ mit den dramaturgischen Streichern, den dringlichen Zeilen, „Come to me/ Oh won’t you come to me“ im Chorus und dem dazu im Takt wippenden Gummi-artigen Bass. Zum Ende zerfließen die Melodien dann gemeinsam mit dem Hörer in einen rauschenden Fluss und schicken uns dann mit „Fresh Strawberries“ in die 60er Jahre. Nach der leicht verdaulichen und etwas flachen Nummer, erleben wir in „Bullet“ den artillerischen Rundumschlag. Es scheppert, kracht und pumpert, während die halsbrecherischen Gitarren-Riffs mit schnittiger Motorik die angestaute Energie der letzten vier Jahre in die Ozonschicht blasen. „Never get your bullet out of my head now, baby/ Never get your bullet out of my mind/ I get out of my head/ Get out of my head now/ I get out of my mind“. Bei „Treason! Animals.“ braucht es zu Beginn ein wenig Geduld. Der Song entfaltet sich in den ersten Minuten unbemerkt im Hintergrund, bis plötzlich eine pumpende Orgel die kollektive Monotonie über unsere Köpfe schüttet und Kapranos mit dem Satz endet: „Something has really really gone wrong“.

Bei „The Universe Expanded“ hören wir gleichzeitig ein glitzerndes Glockenspiel, gehauchte Bässe und eine rückwärts ablaufende Gitarre. Es weht zudem ein bisschen der Hauch von Arcade Fire durch die beunruhigend und spärlich eingerichteten Gemäuer. Den letzten Höhepunkt setzten Franz Ferdinand mit „Brief Encounters“ und bleiben in der leicht unheimlichen Atmosphäre, wenngleich die Glasgower jetzt einen strukturierten Weg vorgeben, der aber nicht minder durch wundervolle Pop-Synths Schichten und schroffen, unberührten Art-Rock Sexappeal verziert wurde. „Right Thoughts, Right Words, Right Action“ bietet schlussendlich noch kratzige Gitarre und klopfende Beats in „Goodbye Lovers & Friends“ zwischen flüssigen und exzentrischen Klängen. Hinzu gesellen sich auch noch Instrumente aus dem Bhangra (Punjabi-Volkstanz). Ein wildes Durcheinander könnte man annehmen, doch Franz Ferdinand haben auch im Jahr 2013 den Durchblick behalten, waren (wie auch immer möglich) frei vom Druck jeglicher Erwartungshaltung und zeigen Vitalität, Kreativität und Spielfreude auf allerhöchstem Niveau. Sicherlich ist „Right Thoughts, Right Words, Right Action“ ein heißer Anwärter für das Album des Jahres.

8.7