EMMA LOUISE
Supercry

KLANGPROFIL: melancholisch LABEL: Australien KLANGSTART: Juli 2016

SUPERCRY von EMMA LOUISE – Ein Album, das Schmerz in Schönheit verwandelt und intime Pop-Balladen zu zeitlosen Hymnen über Liebe, Verlust und Selbstbehauptung erhebt.

Emma Louise gehört zu jenen Stimmen, die in einem einzigen Atemzug Zerbrechlichkeit und Stärke transportieren. Schon mit ihrem Durchbruch „Jungle“ 2011 schrieb sich die Australierin in die Playlists einer ganzen Generation. Nach dem Debütalbum „Vs Head Vs Heart“ wagt sie mit ihrem zweiten Werk „Supercry“ einen nächsten, reiferen Schritt. Es ist ein Album, das Verletzlichkeit nicht versteckt, sondern zur eigentlichen Triebkraft erhebt.

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Der Einstieg „All We Ask Is Time“ ist kaum länger als zwei Minuten, doch dieser zarte Auftakt öffnet die Tür zu einem Kosmos, in dem jedes Wort wie ein Tagebuchsatz wirkt. Die Stimme klingt wie ein Glockenschlag, schwebend und fragil, dennoch getragen von Klarheit. Dann folgt „Talk Baby Talk“, ein Song, der mit der schlichten Zeile „oh why can’t we just talk about it?“ das Drama einer bröckelnden Beziehung in Pop verwandelt, ohne die Bitterkeit zu glätten.

Mit „Underflow“ gelingt Louise der vielleicht stärkste Moment. Der Song, von einem schwebenden Synth-Teppich getragen, erzählt von Kapitulation: „I put my white flag in the wind to let my love know I’m giving up“. Das ist keine Resignation, sondern das Festhalten an der eigenen Würde im Moment des Scheiterns. Dagegen wirkt „Everything Will Be Fine“ wie ein ironischer Kommentar: Die Worte versprechen Beruhigung, die Musik aber legt den Schmerz offen, eine fiebrige Spannung, die nicht zur Ruhe kommt.

Das Cover von „Supercry“ – ein entblößter Körper, der sich in den Bogen krümmt, das Gesicht in farbige Ströme aufgelöst – spiegelt diese Ambivalenz. Es ist gleichermaßen Selbstaufgabe und Befreiung, ein visuelles Echo auf Lieder wie „Grace“ oder „I Thought I Was a Ship“. In „Grace“ klingt Dankbarkeit an, in Pianolinien und der Zeile „She is my source of grace/ and is everywhere“, eine zärtliche Hommage an weibliche Stärke. Der Schlussakkord „I Thought I Was a Ship“ wiederum bringt alles zusammen: Schuld, Verlust, Loslassen, eine Ballade, die kaum auszuhalten ist, so nackt klingt sie.

Louise arbeitet hier bewusst mit Reduktion. Piano, Schlagzeug, sparsame Gitarren, dazu elektronische Schattierungen: mehr braucht es nicht, um einen intimen Raum entstehen zu lassen. Dieser Raum fühlt sich zugleich privat und universell an. „Supercry“ ist kein überproduzierter Pop, sondern ein Album voller Luft, Pausen und Zwischenräume, in denen man die eigenen Brüche spürt. Es ist ein Werk, das zeigt, dass moderne Singer-Songwriter-Musik mehr sein kann als akustische Beichte – sie kann Soundlandschaften schaffen, die sich anfühlen wie eine gemeinsame Wunde.

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Albumcover zu Supercry von Emma Louise: gemalter, nackter Körper in Bogenhaltung, Gesicht zerfließt in farbigen Strömen auf weißem Grund.



Die Songs wirken wie geöffnete Wunden, getragen von einem leisen Flimmern zwischen Trost und Trauer. „Underflow“ klingt wie ein Atemzug, der im Nebel verschwindet, „Everything Will Be Fine“ flackert im Widerspruch von Text und Musik. Selbst die helleren Momente haben etwas Schattiges, als würden sie das Licht nur durch die Erinnerung an Dunkelheit zulassen. Nichts hier löst sich in Euphorie auf, vielmehr kreist alles um Verlust, um das unstillbare Bedürfnis, Vergangenes festzuhalten. Es ist eine Melancholie, die sich nicht erdrückend zeigt, sondern wie eine langsame Strömung, in die man unweigerlich hineingezogen wird.
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