Deichkind – Arbeit Nervt

ElectronicHipHop/Rap, VÖ: Oktober 2008

Wer kennt die Situation nicht, es ist heiß draußen, die Sonne brennt durch die Fensterscheiben auf den Schreibtisch und ins Gesicht, man selber sitzt dabei äußerst demotiviert und leicht gereizt auf dem Stuhl und starrt immer öfters auf die kleine Uhr unten rechts am Bildschirm. Während man so dasitzt, seine Gedanken immer weiter in das Reich der Träume abdriften lässt und die Minuten scheinbar stets mehr und mehr in die Länge gezogen werden, kommen Deichkind um die Ecke gesprungen und klopfen uns mit Ihrem neuesten Track ‚ Arbeit Nervt ‚ wieder unsanft in die Realität zurück. Doch verfliegt der aufsteigende Ärger über die plötzliche Ruhestörung in Windeseile, wenn die fünf Hamburger mit der Ihrer ersten Single die Worte förmlich aus dem Munde greifen. „Arbeit nervt! Arbeit nervt! Arbeit nervt! Arbeit nervt! Arbeit nervt! Frühaufstehen ist doch mehr was für dich“. Dabei thematisiert, nach Worten von Deichkind, der Song selbst die Sehnsucht nach Jugend, nach Feierei, nach dem Ausbruch aus dem Alltag. Kein Bock auf Arbeit lautet hier die Devise und dieses Motto trifft zuweilen, wie in Songs ‚ Ich Und Mein Computer ‚ vortrefflich auf die Datenparanoia der digitalen Kultur zu und man muss zugeben, da ist schon viel wahres mit dabei.

Weiterhin führen die Elektrobeats dominant auf ‚ Arbeit Nervt ‚ den Kurs an und stampfen auch 2008 mit voller Kraft voraus. Neben der Single weiß auch ‚ 23 Dohlen ‚ zu überzeugen wenngleich man den Anschein hat, das der Song selber nicht weiß wie er dieses Kunststück vollbracht haben mag. Völlig sinnfrei verweisen Deichkind auf tonlose Elektro-Verschwörungstheorien und landen damit ganz vorne in Sachen kaputt. Neben dieser Reihe an Songs, die auch schon bei ‚ Aufstand im Schlaraffenland ‚ für einen überdurchschnittlichen Unterhaltungswert sorgen konnten, lassen sich auch abseits der ausgetrampelten Pfade deutliche Spuren der Deichkinder finden. So verdeutlichen ‚ Hoverkraft ‚, das maßgeblich von Ferris MC über die herrschenden Grenzen getragen wird und ‚ Urlaub vom Urlaub ‚, dass der Groove sich im Sound von Deichkind etabliert hat und als tragende Säule nicht mehr wegzudenken ist. Aber neben all diesen Attitüden und dem Aufwand an Masken und Müllsäcken auf der Bühne verbergen sich akribisch und stilsicher herausgearbeitete Wahn- und Blödsinnssongs die nicht mal während einem Besäufniss entstanden sind.

Hier steckt viel gewissenhafte Arbeit in jeden einzelnen dieser Songs und macht es zu einem lohnenden Ereignis, wenn man als Hörer mal hier und da genauer hinsieht. Natürlich stehen immer noch viele auf Kriegsfuß mit diesem „Klötersound“, aber die Menschen die es immer noch nicht kapieren wollen werden weniger und das ist auch gut so. Immerhin wurde hier ein fast perfekter Nachfolger einer Band geschaffen, die es so auf dem Planeten nicht nochmal geben wird.

7.7