LANA DEL REY scheint ein empfindliches Gleichgewicht gefunden zu haben zwischen der Sehnsucht, an ihrem Privatstrand allein gelassen zu werden, und dem eigennützigen Wunsch, die Augen und Ohren der Welt so lange wie möglich auf sich gerichtet zu haben.
Lana Del Rey hat eine unheimliche Fähigkeit, das Alltägliche magisch klingen zu lassen, solange man jung genug ist, um es in vollen Zügen zu genießen, und reich genug, um sich die Fahrt leisten zu können. Egal, ob wir uns nur für eine Kaffeerunde in unserer Pracht kleiden, die Blumenkrone für ein Musikfestival formen oder unsere Dämonen mit blutroten Sangrias an schwarzen Sandstränden entkommen, Lana singt uns wie ein kühle Meeresbrise mit nur einem Hauch eines herannahenden Sturms ins Ohr. Dieses Mal hat sie eine Schar hochkarätiger Freunde (The Weeknd, A$AP Rocky, Stevie Nicks und Sean Lennon) mitgebracht, um die Party bis zum Morgengrauen andauern zu lassen. Weil wir schließlich „gotta dance ‘til we die“.
Die Singles von „Lust For Life“ sind allesamt massive Top-Down-Jams, die dafür gemacht sind, mit dem Wind in den Haaren über den Pacific Coast Highway zu cruisen. Übrigens war das bereits im April erschienene Debütalbum der Portland-Newcomerin Alexandra Savior von Anfang bis Ende eine so eklatante Del-Rey-Imitation, dass es sogar mit einem Titel aufwartete, der dessen gesamte Persönlichkeit prägnant zusammenfasst: „Belladonna of Sadness“. Das ist genau der Grund, warum das Cover dieser fünften Platte bei seiner Enthüllung Anfang dieses Jahres im Internet so viel Aufsehen erregte.
Wie auf der Vorderseite von „Born to Die“, „Ultraviolence“ und „Honeymoon“ ist sie mit einem entschieden amerikanischen Fahrzeug abgebildet, diesmal einem Pickup. Ihr typischer Schmollmund hat sie jedoch verlassen. Auffallenderweise grinst sie stattdessen wie eine Grinsekatze. Für Del Rey deutete das nicht nur auf eine neue Richtung hin, sondern deutete auch auf ein umfassendes Zerreißen ihres eigenen Regelwerks hin, da sorgloses Glück offen gesagt ein Gräuel für das Bild war, auf das wir uns eingestellt hatten. „Lust for Life“ liefert letztendlich nichts ganz so Dramatisches, aber es reicht als Abkehr von dem, was zuvor passiert ist, um zu suggerieren, dass es den Beginn eines neuen Kapitels einläutet.
Zum ersten Mal sehen wir, wie Del Rey die Welt um sie herum anerkennt, sowohl musikalisch als auch thematisch. Doch nicht einmal Del Rey ist von den politischen Turbulenzen der letzten Jahre verschont geblieben. Sechs Monate nach Amerikas neuem Albtraum stellt sie fest, dass sie sich nicht länger in die Flagge hüllen kann, weder buchstäblich noch im übertragenen Sinne. Es ist diese Verschiebung, die den Kern der wichtigsten Tracks der Platte bildet, die alle nacheinander etwa in der Mitte der ausgedehnten 73 Minuten auftauchen.
Bei so definierten Klangparametern – und so vielen verdammten Tracks – gibt es jedoch Momente, in denen Lana beinahe zu einer Parodie ihrer selbst wird, insbesondere im Titeltrack „Lust For Life“, wenn sie schnurrt: „take off, take off, take off all your clothes“ vor einer fabelhaften Falsettwende aus The Weeknd. Sicher, es ist ein bisschen albern, aber auch absolut fabelhaft – und deshalb lieben wir Lana so.
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