Seit mittlerweile elf Jahren tobt der Post-Punk Zirkus ohne auch nur ansatzweise Ermüdungserscheinungen vorzugeben. Das ist bewundernswert, aber noch erstaunlicher ist wie präzis die vier Engländer bei jeder neuen Platte Ihr kleines Nischendasein bis auf den letzten Millimeter ausreizen. Bedenkt man die Tatsache das es bei Clinic so gut wie alles an stilistischen Elementen zu finden gibt. Angefangen bei Art-Punk weiter über Psychodelic bis hin zu Soul und Folk will man gar nicht erst wissen, wie die Liverpooler es jedes Mal wieder schaffen diese ganzen Elemente in Ihren Songs unterzubringen, ohne dabei auch nur ansatzweise überladen zu klingen. Manchmal hört sich aber auch alles nur nach Schwerindustrie an, Stahlverarbeitung, meterhohe Kamine blasen den Dreck in die Atmosphäre und lassen den Himmel schwarz und hässlich werden. Hinab fallen stark stinkende und saure psych-Garage Riffs die, wenn Sie einen erstmal getroffen haben, schwere Nachwirkungen mit sich bringen. Welcher der Songs wäre hier besser geeignet als der Opener ‚ Memories ‚ aus dem fünften Album ‚ Do It! ‚, das mit seinen walzenden Posen und den druckvollen Rhythmen gleich mal einschüchternd zu Werke geht.
Überwältigt von der aufprallenden Kraft sucht man schnell Unterschlupf und was würde sich besser anbieten als die großen, karg in der Landschaft herum stehenden Gebäude, mit den hohen verdreckten Schornsteinen, in denen Clinic akribisch Ihren Werken nachgehen. Nur mühsam lässt sich die große Stahltür öffnen, der Rost bröckelt schwerfällig ab, während übelriechende Duftgeschwader sich blitzartig durch den entstandenen Spalt nach draußen befreien. Noch nicht einmal zu ganzer Hälfte drinnen ertönen auch schon die ersten monotonen vor sich hinstampfenden Hämmerschläge von ‚ Tomorrow ‚, die auf dem Fließband daher rollenden Rhythmusstrukturen bekommen in konstanten Abständen einen schmerzvollen Schlag in die Magengrube verpasst, der schon alleine beim Zusehen für Magenkrämpfe und Übelkeit sorgt. Doch er ist nicht ganz unwichtig, denn dieser wird gefüllt mit einem starken Schuss an Blues-Rock und verleiht der Platte Ihren unwiderstehlichen Touch.
Der Fokus auf ‚ Do It! ‚ liegt natürlich auf der aufwändig inszenierten Dunkelheit, die sich wie ein schwarzer Mantel um den Hörer schmiegt und so für eine unglaublich konzentrierte Atmosphäre sorgt, der selbst die Stärksten nicht widerstehen können. ‚ Free Not Free ‚ ist dagegen unglaublich erfrischend, der Wechsel zwischen schnoddrigen Riffs, die Clinic wohl aus den tiefsten und menschenunwürdigsten Ecken gezogen haben, und den lieblich klingenden Flöten lassen die Liverpooler elliptischer klingen als je zuvor. ‚ The Witch ‚ und ‚ Shopping Bag ‚ drücken den Schalter und sorgen damit für eine erhörte Taktfrequenz. Die Maschinen laufen auf Hochtouren, die Schläge fallen in irrwitzigen Abständen auf das Laufband, Schrauben lösen sich und fliegen als Todesgeschosse durch die Luft. Es ist eine Schlacht und fast schon ein Selbstmordakt wenn am Ende Songs wie ‚ The Witch ‚ oder ‚ Shopping Bag ‚ fix und fertig aus dem Höllenschlund ausgespuckt werden.
Zweitem wird als Zugabe noch ein vor Schmerzen schreiendes Saxophon angeschweißt. Dies unterstreicht, nüchtern betrachtet, die unglaublichen Innovationen innerhalb Ihrer selbst auferlegten Beschränkungen, wenngleich Sie keine radikalen Veränderungen vorgenommen haben. Trotz der vorherrschenden Atmosphäre bleibt hier und da Zeit für romantische Ausflüchte in eine Welt ohne Schmerz und Quallen, wie uns ‚ Emotions ‚ oder ‚ Mary And Eddie ‚glaubhaft erzählen zu versuchen. Allerdings ist es auf ‚ Do It! ‚ nur sehr schwer zu glauben und verlangt somit eine enorme Gabe an Vorstellungskraft. Unglaublich ist auch die stetig vorsetzende Entwicklung von Clinic, selbst nach Stunden unermüdlicher Suche wird man nichts gleichartiges finden. Clinic erfinden sich nach wie vor selbst und werden dabei jedesmal ein Stück kurioser. Die Liverpooler gibt es nun über ein Jahrzehnt, sind kein bisschen langweiliger geworden und beweisen wieder einmal mehr Ihre Einzigartigkeit.
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