Weezer – OK Human

Indie RockRock, VÖ: Februar 2021
Mit OK HUMAN versuchen sich WEEZER an einer radikalen Abkehr Ihres etablierten Sounds. Trotzdem fühlt sich das Album wie ein Aufbruch an: Mit seinem weichen Orchesterbalsam und dem süßen melancholischen Unterton bietet OK HUMAN ein einzigartiges Hörerlebnis und klingt wie nichts anderes aus Ihrer langjährigen Historie.

Bis heute konnte man die Alben von Weezer in drei Kategorien einteilen: die Erfolge, die Peinlichkeiten und die kaum in der Öffentlichkeit wahrgenommenen. Trotz aller Mängel, die sich in Ihrer langjährigen Historie finden lassen, sind Weezer Legenden und machen selbst alltäglichste Fehler immer mindestens einmal hörenswert. Man nehme das letzte Album aus dem Jahr 2019. Es war kaum der grenzüberschreitende experimentelle Pop-Klassiker, der im Vorfeld angekündigt wurde und auch die Entscheidung, mit Dave Sitek zusammenzuarbeiten, barg ein derartiges Katastrophenpotential, dass es sich alleine deshalb lohnte, mindestens einmal hinein zu hören.

Aber irgendwie haben Weezer mit vierzehn Alben einen vierten Weg gefunden: “The key word we have to inspire us at the moment is ‘masterpiece’,” sagte Rivers Cuomo vor zwei Jahren zu Zane Lowe über das Album. Diese Beschreibung trifft kaum auf „OK Human“ zu – ja, das ist eine Anspielung auf Radiohead – aber es gibt an diesem Ansatz nichts auszusetzen. Man kann dieses Album viele Dinge nennen, aber halbherzig ist es nicht. Die klanglichen Markenzeichen der Band zeichnen sich durch ihre Abwesenheit aus, denn auf dieser Platte ist keine einzige E-Gitarre zu hören. 

„OK Human“ wurde stattdessen als maximalistische symphonische Pop-Platte konzipiert, wobei vollständige Orchesterarrangements in der Abbey Road auf jedem Track aufgenommen wurden und George Gershwin und Harry Nilsson als Haupteinflüsse genannt wurden. Auf der Ebene des Songwritings streift ein Großteil von „OK Human“ kaum die unterste Stufe der Leiter zu diesen hohen Prüfsteinen, sondern klingt einfach wie ein modernes Weezer Album. Pat Wilson beschränkt sich weiterhin ausschließlich auf die Nachahmung von Ersatz R&B-Beats, und die meisten Songs spielen weiterhin mit Rivers’ antiquierter Idee, die Charts noch einmal zu erreichen.

Aber allzu oft behindert Cuomo’s Gewohnheit, zu beschreiben, wie er sich fühlt, anstatt seine Emotionen direkt mit den Songs zu verschmelzen, „OK Human“ zum Durchbruch. Es ist lange her, dass Cuomo sich nach Emo Mädchen sehnte – er ist wahrscheinlich jetzt ein ziemlich zufriedener Familienvater im Alter von 50 Jahren. Nur „Numbers“ mit seinen Erzählungen, die Menschen unterstützen, die sich gemobbt und unangemessen fühlen, finden die richtige Balance zwischen Sensibilität und Disney Zeichentrickfilmen, um sich sentimental, aber nicht schmaltzig zu fühlen. Auch die Songs „Bird With a Broken Wing“ und „Dead Roses“ überzeugen durch ihre Zärtlichkeit, aber die Eleganz ihrer Instrumentierungen wird leider durch Cuomo’s banale Lyrik durchkreuzt.

Trotz all ihrer Größenwahnvorstellungen steckt die Band viele Ideen (wohl zu viele) in die knapp halbe Stunde dauernde Laufzeit des Albums. Es ist dabei wirklich schwer zu analysieren, welche funktionieren und welche nicht. Weezer’s größte Fehler mögen auf die tief sitzende Verzweiflung ihres Frontmanns zurückzuführen sein, relevant zu bleiben, aber es ist eine Erleichterung zu hören, dass sie auf solch neue Weise Risiken eingehen und gar ein weiteres Versagen damit riskieren.

6.8