In diesen für den britischen Jazz fast beispiellosen Zeiten haben sich zwei seiner wichtigsten Protagonisten – Tom Misch und Yussef Dayes – zusammengetan, um „What Kinda Music“ aufzunehmen. Sie bringen all ihre kombinierten Talente in „What Kinda Music“ ein: Misch’s sanfte, aber lebendige Interpretation von modernem Soul und R&B, während Schlagzeuger Dayes seine Koteletts zerhackt und die Platte manchmal so klingt, als hätte Idris Muhammad seinen Jazz-Funk / Soul bis 2020 geschleppt. Er nimmt dazu Hip-Hop- und Electronica-Elemente aus den Regalen und nickt dabei Thundercat und Flying Lotus zu. In den besten Momenten handelt es sich hier um ein brillantes Album.
„Nightrider“ zeigt uns seinen düsteren Blick in die schmutzige Nacht mit Freddie Gibbs, sowohl atmosphärisch als auch funky – bis Gibbs die Show mit seinen Reimen (und seiner Persönlichkeit) stiehlt. In ähnlicher Weise ist „Sensational“ genau das, ein brillantes Instrumental-Workout mit Psycho-Funk voller wolkiger Wah-Wah-Gitarren und ordentlich Schwung. Als Paar arbeiten Dayes und Misch das Beste aus sich heraus. Wo „Geography“ fast zu sauber war, ist „What Kinda Music“ von Dayes’ Rhythmen mit Tiefe und Dunkelheit getrübt, die wiederum von Misch’s pechvollendeten Gesängen kompensiert werden. Dies gilt insbesondere für „Tidal Wave“, wo Dayes’ Trommelwirbel einen Kontrapunkt zu Misch’s geschichteten Gesängen bilden.
Der gegenseitige Respekt zwischen den beiden ist greifbar: Von Misch’s bewundernden Texten in „Nightrider“ („Mr. Dayes with the break of the drums/It’s icy cold”) bis zum engen Zusammenspiel zwischen den separaten Schlagzeug- und Gitarrenimprovisationen in „Kyiv“. Das Album trägt beide Unterschriften. Das sich „What Kinda Music“ auch dem kollaborativen Charakter der Jazzszene in Südlondon verpflichtet fühlt, zeigt die Anwesenheit der Saxophonistin Kaidi Akinnibi und des früheren Kollegen von Dayes, dem Bassisten Rocco Palladino, in Beiträgen zu „Storm Before the Calm“ und „Lift Off“. Das Zusammenspiel der drei verschiedenen Musiker auf jedem Track fühlt sich eng koordiniert an, ohne dass für jeden Spieler unterschiedliche Abschnitte erforderlich sind.
An anderer Stelle ist „What Kinda Music“ eingängig, ohne unaufrichtig oder leer zu wirken. „I Did It For You“ ist nur ein wiederholter Refrain, aber Misch’s geflüsterter Gesang wirkt wehmütig über ein vielschichtiges Gitarrenriff und Dayes’ summender Drumline. Misch’s Gesänge kehren nochmals später im Album zurück und sorgen für ein atemberaubendes und herausragendes „Last 100“. Die Klavierakkorde erhellen die Stimmung, während eine kratzige, aber weiche Gesangslinie mit durchgehend gepfefferter Gitarre nach unten gleitet. Am Ende wird das Album in „Storm Before The Calm“ mit bittersüßer Nostalgie abrundet.
Dayes und Misch bieten nicht nur eine verführerische Verbindung von Virtuosität und Pop, das Album scheint auch das beste aktuelle Beispiel für Brian Eno’s Theorie zu sein, dass Gemeinschaft und Zusammenarbeit erforderlich sind, um etwas Unglaubliches zu entfachen, anstatt der Arbeit einer einzelnen begabten Person.