The Who – The Who

PopRock, VÖ: Dezember 2019

Trotz ihrer angespannten Beziehung machen Pete Townshend und Roger Daltrey mit ihrem ersten Album nach 13 Jahren gemeinsame Sache, knurren über die Katastrophe von Grenfell und hoffen auf Weltfrieden. Bei diesem Album war es schwierig vorherzusagen, was eine die Zeit über dauernde Band wie The Who veröffentlichen würden. Es stellt sich heraus, dass sie nicht den Kontakt verloren haben. Es ist, als ob Townshend und Daltrey in eine Zeitmaschine gesprungen wären, als sie dieses neue Album produzierten. Es braucht schon etwas, um dem ursprünglichen Who-haften Sound nach 50 Jahren treu zu bleiben, aber im Gegensatz zu so vielen anderen ist es ihnen gelungen, dies mit makelloser Form zu tun. 

Eine Orgel füllt sich langsam mit dem Opener „All This Music Must Fade“ und Roger Daltrey haut die Zeile raus: „I don’t care, I know you’re gonna hate this song / With that said, we never really got along”, seine Stimme klingt dabei wie in ihrer Blütezeit. Es folgen viereinhalb Minuten der Qual darüber, ob es Sinn macht, ein neues Who-Album zu machen oder nicht – „this sound that we share has already been played” – bevor Songwriter Townshend mit einem gemurmelten „who gives a fuck?“ dem Ganzen ein Ende bereit. Dies ist offensichtlich nicht die Art und Weise, wie traditionelle Rockkünstler, die ihr erstes Album seit 13 Jahren veröffentlichen, ein Album beginnen. Andererseits fühlt es sich ungemein gut an, sehr sogar. 

Kein Mitglied der Rock-Aristokratie schien jemals so beunruhigt darüber zu sein, ein Rockstar zu sein wie Pete Townshend. Die Who sollten nicht einmal eine Band sein, sagte er im Jahr 2006. Für Townshend waren sie eine Art Kunstschulprojekt, die sich schworen, sich zu trennen, sobald sie berühmt werden. In Wahrheit ruinierte Townshend seinen eigenen Plan, indem er ein so innovativer Songwriter und Performer war, dass es keine Option mehr schien, aufzugeben. Stattdessen entschied er sich dafür, metaphorisch in einer fortwährenden existenziellen Krise herumzuspielen und Songs zu schreiben.

Nicht unerwähnt darf entsprechend das Gitarrenspiel von Townshend bleiben, dass mittlerweile fast die gesamte Zeit über alles übertönt. Von dem Moment an, in dem er sägenartig „All This Music Must Fade“ auseinander schneidet, wissen wir, dass nur Pete auf diese Art und Weise spielen kann. Sein Stil klingt genauso kraftvoll und unverwechselbar wie bei „Tommy“ und „Who’s Next“ und mehr als einmal bringt er uns fast dazu, zu glauben, dass wir gerade diese Platten hören. Wo andere Leadgitarristen Soli spielen, baut Townshend Texturen und häutet diese Songs wie Sandpapier. Es ist schwer zu glauben, dass dies derselbe Typ ist, der sich gegen Ende des Albums mit dem Lead-Gesang von „I’ll Be Back“ befasst, einer exquisit zarten Ballade, in der es darum geht, dieses Leben zu verlassen und auf das nächste zu schauen.

Es ist auch Höhepunkt dieser gesamten Kollektion. Dieses Album ist möglicherweise nicht die stärkste Sammlung an Songs von The Who, aber es ist die seltene Fallstudie einer alten Marke als Mittel, um neue Ideen zu finden und weiter voranzukommen. Für zwei Jungs in den 70ern ist es trotzdem ziemlich beeindruckend und wenn dies ihr letzter Jubelschrei war, war es sicherlich ein passender.