The Futureheads – The Chaos

Indie Rock, VÖ: April 2010

Was für ein spektakulärer Einstieg in die neue Platte ‚ Chaos ‚ der Futureheads: „5-4-3-2-1 Let’s Go!“, und ab geht der gleichnamige Opener durch wirbelnde Loopings, kreiselnde Rotationsmaschinen in Form hyperaktiver Gitarren und durchrüttelnde Riffs ohne jegliches Ende in Sicht zu stellen. Man bekommt den Körper bereits nach den ersten Sekunden nicht mehr unter Kontrolle, alles tanzt, alles ist ausgelassen und fröhlich wie schon seit Monaten nicht mehr und schlussendlich versinkt alles und jeder in einer überdimensionalen Euphorie-Bombe. Es ist eine Bombe der guten Laune für diesen fulminanten Auftakt, rasend schnell katapultieren sich die ersten zehn Minuten durch wärmende Lüfte, Titel wie ‚ Struck Dumb ‚ und ‚ Heartbeat Song ‚ bleiben dabei unweigerlich zwischen den Gehörgängen kleben und verbreiten ein süßliches Gefühl der längst vergessenen Glückseeligkeit.

Würde man es nicht bereits durch ‚ This Is Not The World ‚ kennen, wäre es schlicht und ergreifend ein überraschender Knall ins Gesicht. So aber bleibt eine staunende Erkenntnis stehen, die sich wohl zurecht fragen darf: Wie schaffen es die Futureheads das Meisterwerk auf eigenem Label und nach knappen zwei Jahren, so bravourös in die nächste Runde zu schmettern? Es ist eine Frage der man leider beim nächsten Stück ‚ Stop The Noise ‚ auf den Grund gehen kann. Denn hier geraten die typischen Faktoren erfolgreicher Futurehead-Songs ein wenig ins Stocken und versprechen nur eingängige Momente zwischen den Refrains. Vielleicht täuscht auch der Eindruck nach dem starken Beginn, doch wie dem auch sei, mit dem nächsten Stück ‚ The Connector ‚ steigen die vier Engländer aus Sunderland wieder in traumwandlerische Dimensionen auf. In der sympahtischen Manier, wie man es seit Jahren Lieben und Schätzen gelernt hat, stürmt das Quartett haltlos und mit dem Kopf durch sämtliche Wände.

Die Türen wären knapp daneben gelegen, doch was interessieren hier unwichtige Nebensächlichkeiten? Barry Hyde und Ross Millard, beide Sänger und Gitarristen, lösen die Dinge eben nach Ihren verdrehten Ansichten. Will man nun auf diesem hohen Niveau noch mehr Kritik anbringen, darf dabei auch nicht das folgende ‚ I Can Do That ‚ fehlen, wenngleich die spürbaren Defizite nichts an der euphorischen Stimmung ändern. In ‚ Sun Goes Down ‚ klingen die Futureheads das erste Mal ernst, schlagen den Rhythmen unweigerliche Nachhaltigkeit in die Sporen und verleihen mitunter den vier Minuten eine drückende Intensität. ‚ This Is The Life ‚ bringt dann aber wieder mit komplizierten Gitarrenriffs alles in gewohnte Bahnen zurück und man darf sich erneut fragen, wie diese halsbrecherischen Kombinationen bei Liveauftritten alle im Gedächtnis bleiben können. Im Gegensatz zu vielen anderen Künstlern, besonders aus Sicht der Englischen, haben die Futurheads die Eingängigkeit praktisch als Ihr Eigentum gepachtet und machen nicht den Fehler es nur darauf ankommen zu lassen.

Jeder Ihrer Songs versprüht eine unverkennbare Note mit netten Spielereien wie in ‚ The Baron ‚ mit plötzlichen Abfall in dunkle Gefilde, klaren Unterschieden und anspruchsvollen Melodien. Natürlich lassen sich Songs wie diese sehr gewinnbringend verkaufen, doch wer die Musik so liebt und lebt wie die Futureheads, dem sei es gegönnt. Die vier Herren aus Sunderland sind auf ganzer Linie sympathisch und haben nunmal Ihr Rezept nach den ersten beiden Platten erfolgreich umstellen können. Und nach dem letzten schwächeren Stück ‚ Dart In The Map ‚ folgt das abschließende ‚ Jupiter ‚. Es ist ein Song, der Vergleiche mit einer Pinballkugel als logische Konsequenz hervorbringt. Hüpfende Gitarren, angetrieben durch eine wahnwitzig rasende Kugel, treiben den Highscore in schwindelerregende Höhen und halten nur kurz am Anfang die Saiten still, denn hier übernimmt eine längst vergessene Besonderheit der Futureheads die Aufmerksamkeit: A Capella von Barry, Ross, David und Dave – mit Zugabe im anschließenden Hiddentrack. Das Folgende ist damit auch der abschließende Höhepunkt von ‚ Chaos ‚ und der endgültige Beweis: Eingängigkeit kann man lernen- sofern man eben Mitglied der Futureheads ist.

8.4