Tegan And Sara – Sainthood

PopRock, VÖ: Oktober 2009
Insgesamt haben TEGAN AND SARA auch auf ihrem neuen Album immer noch diesen skurrilen Sinn für Humor, der von tiefgründig und bedeutungsvoll bis lustig und einfach reicht.

Zurückblickend mussten Tegan and Sara eine lange Reise bestreiten, um endlich die Anerkennung zu finden, die Ihnen seit Jahren zugestanden wäre. Mit Ihrer sechsten Platte „Sainthood“ dürfte Ihnen diese allerdings nicht mehr fehlen. Seit „The Con“ im Jahr 2007 kennt auch der letzte Mensch auf Erden das lesbische Zwillings-Duo. Auch ist es das erste Mal das Tegan and Sara gemeinsam Ihre Texte geschrieben haben und nicht wie ansonsten üblich, in Trennung voneinander. Lyrische Themen auf „Sainthood“ sind dieses Mal die weltliche Hingabe, Wahnvorstellungen und das beispielhafte Streben nach Liebe in einer Beziehung. Inspiriert durch emotionale Sehnsüchte aus den Objekten unserer Zuneigung und der Besessenheit von romantischen Idealen. Ihren Albumtitel entnahmen Sie dem Song „Came So Far For Beauty“ von Leonard Cohen: „I practiced all my sainthood/ I gave to one and all/ But the rumours of my virtue/ They moved her not at all“. Sie hatten vor etwas komplexer und erwachsener zu klingen und haben dies auf „The Con“ auch in die Tat umgesetzt. Ihr sechstes Studioalbum, das wieder von Chris Walla produziert wurde, verwirft dagegen viel von der einstigen Zurückhaltung und Atmosphäre zugunsten eines volleren und direkteren Gefühls in perfiden Einklang zu „So Jealous“ aus dem Jahr 2004 und dem für viele besten Album von Tegan and Sara.

Die Arrangements sind weniger überfüllt, die Songs wurden einfacher in Ihrer Struktur, die zum Vorschein tragenden Gefühle verständlicher für den Hörer und die emotionale Wirkung des Albums viszeraler. Hin und wieder gibt es zwar noch diese undefinierbaren Geräusche, aber insgesamt fehlt die Energie und das Feuer auf dem Album. Vielleicht mag das auch nur der erste Blick so sehen. Tatsächlich bestreitet das kanadische Duo wieder die älteren Wege, lassen die Melodien laufen und halten sich dabei nicht unnötig lange in Detailfragen auf. Wie auf „The Con“ klingen die Stücke von Sara musikalisch komplexer mit einer textlichen Nuance, während Tegan die Songs einfacher und eingängiger arrangiert und dafür Ihre direkte wie lyrische Neigung mit einfließen lässt. Vielleicht mag an dieser Stelle auch der Schein trügen und ungerecht erscheinen aber Sara scheint, als wäre Sie die Künstlerin und Tegan die Pop-Verspielte. Chronologisch passen dagegen die Songs unheimlich gut zusammen und beginnen mit einem sensationellen Opener und dem rasenden „Don’t Rush“.

Für Fans von „Back In Your Head“ wird es dagegen eine kleine Enttäuschung geben, denn auf „Sainthood“ lassen sich Stücke wie diese nicht mehr finden. Überhaupt besticht die Platte weniger durch Highlights als vielmehr durch eine kompakte Einheit. „The Cure“ ist ein beruhigender und minimalistischer Track mit wunderbar schlichten Chören und gestaffelten „ooohs“, die ausgezeichnet in die Melodien einfließen. Seekrank könnte einen dagegen „Night Watch“ machen, doch wäre die verlorene Zeit viel zu Schade um dies Realität werden zu lassen. Insgesamt orientieren sich die Zwillinge mehr am eigenen „Pop-Instinkt“, verlieren dabei aber nie die eng gewundenen Stränge und den neurotischen New Wave der 80er Jahre.

8.6