Sia – This Is Acting

Pop, VÖ: Januar 2016
THIS IS ACTING von SIA funktioniert nicht als Album im herkömmlichen Sinne. Das ist aber nicht der Punkt. Was es auf brillante Weise tut, ist, den Songwriting-Prozess zu beleuchten, wie diese großen Hits entstehen und wie eine Handvoll Leute für so viele der Melodien verantwortlich sind, die wir tagtäglich im Radio hören.

Als überaus talentierte Sängerin und Songwriterin wurde sie von einigen der größten Stars der Welt beauftragt, war Co-Autorin von Rihanna’s „Diamonds“ und „Pretty Hurts“, dem Opener von Beyoncé’s Überraschungsalbum von 2013, arbeitete mit Kylie Minogue, Christina Aguilera, Jessie J und Rita Ora zusammen, um nur einige zu nennen. „Chandelier“ machte Sia zum Superstar, aber sie hat es bemerkenswert geschafft, sich aus dem Rampenlicht herauszuhalten. Und nun also ihr eigenes neues Album „This Is Acting“, ein passender Titel für jemanden, der sich nie dafür entschieden hat, sich mit Ruhm zu beschäftigen. Nach eigenen Angaben ist ihr neues Album eine Auswahl von Songs, die für verschiedene hochkarätige Popsängerinnen geschrieben, aber nie veröffentlicht wurden. Sie entschied sich, dieses Mal etwas mehr aus den Schatten zu treten, und gab dem Rolling Stone ein ausführliches Interview, in dem sie ihren Songwriting-Prozess als sehr ähnlich wie Schauspielerei beschrieb, indem sie Beats und Instrumentals nimmt, die klingen, als könnten sie zu, sagen wir, Kylie Minogue passen, und anschließend gezielt Texte zu schreiben.

Ein faszinierender Ansatz. In einer Zeit, in der so viele der Songs, die wir im Radio hören, von denselben vier oder fünf Autoren dominiert werden, ist es erfrischend, eine Stimme zu hören, die so offen über den Zynismus der Branche spricht. Gleichzeitig sprach sie offen aus, dass die größten Stars der Welt ihre Musik nicht wollten. Und so klingt die zusammengeschusterte Sammlung an Songs zwangsläufig sehr disparat und unzusammenhängend. In wenigen Jahren hat sich Sia von der Subversion des Mainstreams zum vollwertigen Mainstream entwickelt, und angesichts dieser Transformation würde man mehr als eine Play-by-Play-Nachbildung ihrer neuesten Highlights erwarten. Sie bleibt unabhängig davon ein stimmliches Kraftpaket, das in der Lage ist, selbst den formelhaftesten Nummern Vitalität zu verleihen. In Track 1 kommt das überschwängliche „Bird Set Free“ mit einem Klavierlauf in Moll. Noch bevor die Worte beginnen, können wir unschwer erkennen, dass es sich bei der verschmähten Kundin um Adele handelt.

„Move Your Body“ zu hören ist eine der Freuden dieses Albums. Beweg deinen Körper Shakira! Daran ist nichts auszusetzen, ein riesiger Euro-Pop-Beat mit simplen Texten. Dann gibt es „Reaper“, das Kanye West als Co-Autor auflistet (obwohl Furler angibt, dass er eigentlich nie zu den Schreibsitzungen gekommen ist) und auf „Sweet Design“ deutet Sia darauf hin, dass sie jederzeit ein episches Partyalbum aufnehmen könnte, wenn sie es wollte. Man hört gelegentlich Geschichten von massiven Hits, die vorab die Runde machten, sei es „Umbrella“, welches ursprünglich von Britney Spears abgelehnt wurde oder ihr eigener Hit „Toxic“, den wiederum Kylie nicht wollte. Wer ein Pop-Fan ist, bekommt mit „This Is Acting“ einen spannenden Einblick in diesen Prozess und kann sich ausmalen, für welche Künstlerin der Song ursprünglich geschrieben wurde.

7.0