Sia – Colour the Small One

ElectronicFolkJazz, VÖ: Januar 2004
Die melodramatische Prämisse von SIA, dass Liebe uns töten wird, wenn wir es zulassen, wird auf The Church of What’s Happening Now elegisch behandelt und auf Where I Belong vertieft. Dies könnte der Soundtrack zu einigen der traurigsten Momente des neuen Jahres sein.

In ihrer nachdenklichsten Phase würde man nicht einmal merken, dass sie Australierin ist (ihr Vater spielte bei Men at Work). Sia wurde ursprünglich als R&B-Talent angepriesen, aber dieses Album, ihr zweites, stellt die Dinge klar: Sie ist eine zarte Romantikerin mit jazzigen Affinitäten und einem heroischen Lispeln. Einmal hinter die kleinen, fesselnden Balladen geblickt, entdeckt man die ganze elektronische Weitläufigkeit, die dem Produzenten zur Verfügung steht. „Color the Small One“ entfaltet sich zu einem unerwartet liebenswerten Ding. Für diejenigen, die Sia’s „Breathe Me“ zum ersten Mal in der letzten Folge von Six Feet Under kennengelernt haben, ist es fast unmöglich, nicht an diese eindringlichen letzten Momente der Serie zu denken. Leider ist keiner der anderen Songs auf „Color The Small One“ auch nur annähernd so unmittelbar, aber wiederholtes Hören offenbart ein düsteres Geflecht aus akustischen Gitarren, Keyboards und üppigen, cineastischen Streicherarrangements.

Sia Furler ist zwar auch heute noch kein berühmter Name, aber sie hat in den letzten Jahren definitiv viel mehr Anerkennung erfahren, dank Hit-Kollaborationen mit Stars wie David Guetta und Flo Rida. Es ist interessant, Sia’s Erfolg und die Musik zu hören, die sie jetzt veröffentlicht, die so weit von ihren sanften Indie-Pop-Wurzeln entfernt ist. Das Album beginnt mit „Rewrite“, einer entspannten Midtempo-Nummer, die uns sofort in Sia’s seidigen Gesang einführt. Ihre heisere Stimme gleitet mühelos über die Musik. Musikalisch besteht der größte Teil der Instrumentierung aus leichtem Schlagzeug, Keyboards und ein paar digitalisierten Sounds. Obwohl der Track einen starken Auftakt bildet, wirkt er ein bisschen unauffällig, sobald er mit den denkwürdigeren Songs des Albums verglichen wird. Beispielsweise mit „Sweet Potato“. 

Denn hier überwiegt die eigentliche Freude des Songs an der Geschichte, die Sia durch die Melodien flechtet – die Geschichte über eine unkonventionelle, süße Romanze: “She cooks you sweet potato you don’t like aubergine/She knows to boil the kettle when you hum bars from Grease/She senses you are lonely but still she can’t be sure/And so she stands and waits, stands anticipating/How can she become the psychic that she longs to be to understand you”. An diesem Punkt des Albums hat sich Sia bereits als gute Songwriterin bewiesen, aber dieser Song ist mit Abstand einer der am besten geschriebenen Stücke. Danach fällt das Album einer kleinen flaute zum Opfer. Obwohl keiner der nächsten paar Tracks schwer zu hören oder in irgendeiner Weise „schlecht“ ist, werden sie ein bisschen eintönig. „Don’t Bring Me Down“ entfaltet hier tatsächlich die nachteilige Wirkung seines Titels – der melancholische Sound zieht sich hin und wirkt ziemlich deprimierend. 

„Butterflies“ und „Moon“ sind beides Songs, die man schnell wieder vergessen wird und wirken eher wie B-Seiten. „Numb“ ist eine zugegebenermaßen hübsche Ballade, die aber unter all den anderen Balladen des Albums abfällt. Dennoch bietet „Color the Small One“ alle Attribute eines Hollywood-Films, in dem Protagonist und Figur zufällig dieselbe Person sind. Es gibt Konflikte, es gibt ein großes Drama, es gibt eine Tragödie und es gibt ein Happy End. Es gibt sogar eine Nebenhandlung zur Charakterentwicklung, in der sich unsere Heldin mit einem alles andere als schmeichelhaften Porträt der Person befasst, die sie einmal war. Die stärksten Tracks machen die wenigen langweiligen Momente auf dem Album mehr als wett, und alle Songs illustrieren perfekt Sia’s Talent und beweisen, dass sie mehr ist als nur eine Stimme in einem R&B/Hip-Hop-Track.

7.2