shame – Food for Worms

Indie Rock, VÖ: März 2023
Nach einem starken ersten und einem noch besseren zweiten Album stehen SHAME auf diesem dritten Album kurz davor, von einer Vielzahl hungrigerer, mächtigerer Bands – von Dry Cleaning bis BCNR, The Murder Capital bis Wet Leg – überholt zu werden.

Das neue Album „Food for Worms“ von shame beginnt in einem gleichmäßigen Tempo, bevor es kopfüber auf eine scharfsinnige Beobachtung stößt: „You’re complaining a lot / About the things that you got given“. „Fingers Of Steel“ fungiert als Warnschuss für das dritte Studioalbum der Londoner Band, ein Track, der in seiner unberechenbaren Perkussion ebenso energisch ist wie bösartig in den Rufen von Frontmann Charlie Steen über selbstverschuldete Unzufriedenheit. Es ist klar, dass „Food for Worms“ darum bittet, live gehört zu werden. Das Studioalbum ist daher eine Kugel, die ohne Abzug in einer Pistole sitzt, voller Potenzial und Kraft, aber nicht in der Lage ist, zu explodieren und ihre Umgebung zu treffen. Ein Feuerwerk ohne Zündschnur. 

„Food for Worms“ ist frustrierend in seiner Richtungslosigkeit, aber vor allem frustrierend, weil es spektakulär sein könnte. Das soll nicht heißen, dass es keine frischen Momente des Spaßes gibt. Wie die kriechende und tauchende Basslinie, die auf „Different Person“ auftaucht, oder das epische Gitarrenriff in der hinteren Hälfte von „The Fall of Paul“. Es gibt durchgehende Blitze packenden Songwritings, die überall verstreut sind. Die unterschiedlichen kreativen Impulse von shame sind auf dem Rest der Platte leider nur spärlich zu finden und meist nicht sehr effektiv. Das angesprochene Piano-geführte Intro des Eröffnungstracks des Albums spielt beispielsweise auf Fugazis eindringliches „I’m So Tired“ aus dem Instrument Soundtrack von 1999 an. 

Aber als der Song in einen Off-Beat-Rhythmus und kantige Gitarrenlicks ausbricht, fehlt ihm Fugazis Fähigkeit, das Unverblümte und das Abstrakte sorgfältig auszubalancieren. An anderer Stelle leiht Phoebe Bridgers ihre Gesangstalente dem klagenden „Adderall“, das die Drogenromantik von, sagen wir, The Velvet Underground meidet und stattdessen mit erhobenem Zeigefinger über die Gefahren des Drogenmissbrauchs spricht. Die Band findet schließlich in der zweiten Hälfte des Albums wieder Fuß, deren einziger großer Blindgänger die prosaische Hymne „Different Person“ ist, eine schlaffe, charmlos bittere Version über das Erwachsenwerden.

In einer Branche, in der viele Künstler nach Streams oder TikTok-Futter streben, ist das neueste Angebot von shame letztlich ein erfrischender Zufluchtsort für diejenigen, die nach Musik dürsten, die Sie live aufrüttelt und es Ihnen ermöglicht, Zeuge der Klangentwicklung einer Band zu werden.

6.8