Self Esteem – Prioritise Pleasure

Pop, VÖ: Oktober 2021
PRIORITISE PLEASURE von REBECCA TAYLOR beschreibt nicht nur die Angst, das Unbehagen und die Wut, eine Frau zu sein – sondern schafft es auch, uns über die pure Absurdität zum Lachen zu bringen, gezwungen zu sein, sich in einer Welt zurechtzufinden, die Frauenfeindlichkeiten weiterhin normalisiert.

Seitdem Rebecca Taylor – ehemals eine Hälfte von Slow Club – ihre Indie-Tage hinter sich gelassen hat, etablierte sie sich mit ihrem Soloprojekt Self Esteem schnell als vollwertiger Popstar. Ihr Debüt aus dem Jahr 2019, „Compliments Please“, war mit Abstand eine der aufregendsten Veröffentlichungen des Jahres, und „Prioritize Pleasure“ folgt diesem Beispiel. Rebecca Taylor vertreibt jahrelange Selbstzweifel, rücksichtsloses Verhalten und Selbstzerstörung in einem Album, das diese Leiden in einer Feier der Selbstliebe, der Nächstenliebe und natürlich des Vergnügen kanalisiert. In diesem Streben nach Vergnügen ergreift Taylor die Gelegenheit, Emotionen in Hülle und Fülle zu umarmen. “Don’t be embarrassed that all you’ve had is fun”, predigt sie auf dem packenden Herzstück „I Do This All The Time“, ihr Gesang wird von einem packenden Chor unterstützt.

Taylor nutzt Chaos, Wut und Verzweiflung als Werkzeuge, um ihre stadiongroßen Ambitionen zu untermauern. Sie präsentiert diese Stimmungen nicht als Zustände, die kathartisch zu glückseliger Vollendung durchgearbeitet werden, sondern als Materie des Frauenlebens – das Zeug, das nie wirklich vergeht. Und so stehen hinter den #empowermentslogans keine tiefgreifenden, stärkenden Erzählungen – es gibt hier Songs, die bewusst mitten im Satz enden – sondern Texte, die zwischen manischen Höhen, betäubenden Tiefen und weltlichen Realitäten pendeln, zwischen der Unfähigkeit, im Moment zu existieren, und die Konstanten des Selbsthasses, der Lethargie und der Schuld. “Might as well carry on/Don’t have to stick to a plan/Just living”, singt Taylor ausdruckslos in „The 345“. 

Aber Taylor kreiert aus diesem Chaos auch epischen Pop, und die Klangwelt, die sie mit ihrem Produzenten Johan Kalberg aufgebaut hat, ist ihr lyrisches Unterstützungssystem. Auf ihrem Debüt war der Pop versuchsweise ehrgeizig und zugänglich, aber immer noch glücklich genug, um mit beunruhigenden Texturen und Gesängen zu spielen. Das unbehagliche Zeug ist diesmal lauter – kräftiger und dunkler – aber Taylor hat es zu Eigen gemacht, um ein fester Bestandteil ihrer Stärke zu werden. Songs wie „Moody“, „It’s Been A While“ und „You Forever“ enthüllen auch eine Frau, die anderen Frauen erzählt, dass wir in unserer fehlerhaften, fleischigen Menschlichkeit schwelgen können. Die Songs haben große Melodien, aber ausgefranste Kanten, wie so viele unserer Leben. 

Diese Lieder sagen uns, dass wir nicht mehr stehen bleiben sollen. Sie sagen uns, dass wir anfangen sollen, mit unseren Werten selbstbewusst umzugehen. Sie sagen uns, wir sollen wieder singen, für uns selbst, füreinander, alle zusammen, krass, chaotisch, laut und befreiend.

10.0