Die aufstrebenden britischen SEA GIRLS mögen völlig unoriginell sein, aber große Melodien und ein sonniger Charme durchstrahlen Ihre Songs und zelebrieren das wehmütige Ende der Jugend.
Sea Girls sind schon eine Weile auf dem Radar, nachdem sie im Sommer 2017 ihre erste Single „Call Me Out“ veröffentlicht haben. Seitdem ist ihr Ruf in die Höhe geschossen und gelten als Anführer einer ganz neuen Welle an Gitarrenbands aus dem Vereinigten Königreich. Bei dem Album – und dem Ethos der Band – geht es jedoch nicht nur darum, das nächste große, mit Haken beladene Material zu kreieren. Der Sänger Henry Camamile erlitt eine Gehirnverletzung, als er seinen Kopf gegen eine Kellertür schlug, was dazu führte, dass er unter psychischen Problemen litt. Dies, zusammen mit der Tatsache, dass er zu dieser Zeit ein „trauriger Teenager“ war, führte zu einer Verschiebung seiner Herangehensweise an die Texte. Er begann unverblümter und an einigen Stellen dunkler zu schreiben und trat als echter Geschichtenerzähler ins Rampenlicht.
Das Album ist mit farbenfrohen Melodien, Gitarren und Synth-Hooks ausgestattet und stellenweise ein echte Delikatesse, aber auch volle Adrenalin-reiche Gitarrenhymnen kommen auf dem Debüt der Sea Girls natürlich nicht zu knapp. „Damage Done“ nimmt dabei unmittelbar Einfluss auf Henry Camamile’s eigene Kämpfe um die psychische Gesundheit und ist voller Drinks, Drogen und viel Bedauern. Es ist aber der depressive Pop von „Do You Really Wanna Know“, der die Band am interessantesten macht, da sie Selbsthass, Unsicherheit und Angst zu einer ausgehungerten Sommerhymne verbindet. Ihren Stil kann dabei überwiegend als generisch beschrieben werden und ist weniger eine Kritik als eine unbestreitbare Tatsache.
Wenn man sich genug anstrengt, lässt sich so ziemlich jede Gitarrenband der letzten 40 Jahre bei ihrem Debüt heraushören, von Mumford and Sons zu The Cure, von The 1975 zu Echo and the Bunnymen. Es gibt Post-Punk-Revival-Riffs, klagende Singalongs im Britpop-Stil, glitzernde Synthesizer, die auch von den Killers hätten kommen können, Grunge-Töne und Gegröle auf U2-Niveau – oft alles in einem einzigen Song. Meistens hebt sich dieser Alles-geht-Ansatz auf und wird zu einer angenehmen, wenn auch unauffälligen Kulisse für den einfachen Charme von Frontmann Henry Camamile und die erfreulich lebhaften und beruhigend vorhersehbaren Melodien der Band.
Sea Girls sind keine Weisen; Sie sind nicht einmal Vorreiter. Aber mit alten Werkzeugen auf abgenutzten Pfaden wandernd, ist es ihnen ziemlich beeindruckend gelungen, etwas von dem seltsamen, lähmenden Zustand der zeitgenössischen Jugend einzufangen und viele Türen offen lässt.