Selbst in der seltsamen Welt des US-Experimental-Rock der 1980er Jahre, wagen die PIXIES mit DOOLITTLE einen unwahrscheinlichen Spagat nach Mainstream-Akzeptanz, und es funktioniert tatsächlich.
Nach Ihrem hoch angesehen, aber kommerziell erfolglosen Album „Surfer Rosa“ aus dem Jahr 1988, spielten die Pixies eine Europa Tournee mit den Throwing Muses aus Boston. Danach ging es weiter mit einer Tour durch den nördlichen Teil der Vereinigten Staaten. In dieser Zeit fing Black Francis, Frontmann und Songwriter der Gruppe, neues Material für zukünftige Alben zu schreiben. Dabei entstanden Stücke wie „Hey“, „Tame“, „Dead“ und „There Goes My Gun“ im Verlauf des gesamten Jahres. Die fertigen Versionen und teils neu komponierten Lieder wurden in mehreren Sessions für John Peels Radiosendung im Jahr 1988 gespielt, während die Live Aufnahme zu „Hey“ auf einer kostenlosen EP mit dem Titel „Edition Of Sounds“ zu finden war.
Im Sommer des gleichen Jahres begannen die Pixies während Ihrer Tourpause einige Demo-Sessions aufzunehmen. Die Band hatte zu diesem Zeitpunkt einen kleinen Raum im Keller unterhalb eines Friseursalons, das dem Studio Eden Sound gehörte. Die Aufnahmen gingen ungefähr eine Woche und hatten den ähnlichen Stil wie im Vorjahr das „Purple Tape“. Francis nahm das fertige kommende Album unter dem vorläufigen Titel „Whore“. Was auf deutsch Hure bedeutet und laut Francis von seinem leiblichen Vater vorgeschlagen wurde. Er hatte kurz darauf klargestellt, dass er das Wort eher „In the more traditional sense […] the operatic, biblical sense, [… as in the great whore of Babylon“, verstand. Nach dem Abschluss der Aufnahmen empfiehl Ken Goes, Band Manager der Pixies, zwei Produzenten für das Album; Den Liverpooler Gil Norton und den amerikanischen Produzenten Ed Stasium.
Die Band hatte schon früher bei den Aufnahmen zur Single „Gigantic“ im Mai 1988 mit Norton zu tun. Francis hatte zu Ihm keine Präferenz, doch Ivo Watts-Russel, Chef vom Label 4AD der Pixies, wollte Norton als Produzenten haben. Schlussendlich bekam er die Aufgabe, während Stasium nicht einen Augenblick für die Position in Erwägung gezogen wurde. Norton kam Ende Oktober 1988 in Boston an und sah hier zum ersten Mal die Wohnung von Francis um sich dort ein Bild der Demoversionen zu machen. Die beiden sprachen über allgemeine Modalitäten und verbrachten zwei Tage mit einer intensiven Analyse der Songs. Norton brauchte anschließend noch einmal zwei Wochen in der Vorproduktion, um sich mit dem typischen Pixies Sound vertraut zu machen.
„Doolittle“ bietet eine elektronische Mischung aus diversen Musikstilen. Während „Tame“ und „Crackity Jones“ schnell und aggressiv klingen, übernehmen die Pixies wieder Ihr altbekanntes Markzeichen aus der Dynamik laut-leise. Andere Songs wiederum wie „Silver“, „I Bleed“ und „Here Comes Your Man“ zeigen eine leiseres, langsameres und melodischeres Temperament. Mit „Doolittle“ begannen die Pixies weitere Instrumente in Ihre Songs zu integrieren. Auf „Monkey Gone To Heaven“ finden sich zwei Geigen und zwei Cellos; andere Titel auf „Doolittle“ sind um einfache Akkordfolgen aufgebaut. „Tame“ basiert auf einer Drei-Akkord-Formel, darunter entdeckt man auch einen „Hendrix-Akkord“ von Joey Santiago. „I Bleed“ ist melodisch einfach und bildet sich um eine einzige rhythmische Wiederholung.
Die lyrischen Themen auf „Doolittle“ reichen von Surrealismus auf „Debaser“ zu Umweltkatastrophen auf „Monkey Gone To Heaven“. Die Frauen und Huren auf „Mr. Grieves“, „Tame“ und „Hey“ teilen sich den Platz mit den biblischen Analogien von „Dead“ und „Gouge Away“. Black Francis hatte oft behauptet, dass die Lyrics auf „Doolittle“ nur, „fit together nicely“, und das „the point [of the album] is to experience it, to enjoy it, to be entertained by it.“ Francis schrieb mit Ausnahme von „Silver“, das er gemeinsam mit Kim schrieb, alles alleine. „Hey“ fand seine Verwendung schlussendlich im Film „Zack And Miri Make A Porno“ während einer Szene mit romantischer Spannung und Verrat, eine Einstellung die wunderbar auf die Texte von Black Francis passten.
Die Aufnahmen für das Album begannen am 31. Oktober 1988 bei Downtown Recorders in Boston, Massachusetts in einem professionellen 24-Track Studio. 4AD gab den Pixies eine Budget Vorgabe von 40.000 $, mit Ausnahme der Gebühren von Gil Norton. Insgesamt war das natürlich eine bescheidene Summe für ein 1980er Major Label, jedoch vierfachte sich der Betrag auf Blick zu „Surfer Rosa“. Zusammen mit Norton, zwei Toningenieuren und weiteren Helfern gingen die Pixies an das Projekt zweites Studioalbum. Die Aufnahmen dauerten drei Wochen mit Abschluss am 23. November. Black Francis meinte noch abschließend: „Nearly a song a day“.
Die Produktion und Abmischung begann am 28. November. Die Band verlegte Ihren Sitz ind ie Carriage House Studios, einem Wohn-Atelier in Stamford, Connecticut, um die Produktion zu überwachen und selbst weitere Titel aufzuzeichnen. Norton rekrutierte Steve Haigler als Toningenieur, mit dem er damals in den Fort Apache Studios zusammen arbeitete. Während der Produktion der neuen Songs wurden die Gitarren auf ‚ Debaser ‚ nachvertont und auch andere Stücke wurden noch einmal geändert. Darunter auch „There Goes My Gun“, das auf anraten Norton’s, von Francis im Tempo verlangsamt wurde.
Auf der anderen Seite fand Norton die Vorschläge von Francis nicht immer willkommen und über mehrere Beratungen hinweg wurden auch die Songs von der Länge breiter, was Francis wiederum nicht passte. Schließlich ging er mit Norton in einen Plattenladen, wo er Ihm zwei Exemplare der größten Hits von Buddy Holly überreichte in denen kaum ein Stück über zwei Minuten lang war. Dort sagte er zu Norton: „“If it’s good enough for Buddy Holly…“. In einem Interview mit dem Rolling Stone erinnerte sich Francis später: „This record is him trying to make us, shall I say, commercial, and us trying to remain somewhat grungy.“ Die Master-Tapes gingen dann einen Monat später endgültig in die Post-Produktion.
Nach Ihrem brillanten Debüt „Surfer Rosa“ aus dem Jahr 1988, hätten die Pixies nicht mehr viel extremer klingen können. Das Songwriting von Francis wirkt wieder unglaublich konzentriert und macht es schlichtweg unmöglich, die Pixies auf dieser Platte in irgendeiner Art und Weise anzugreifen. Die wildesten Momente auf „Doolittle“ finden sich auf „Dead“, eine Nacherzählung der viszeralen David And Bathsheba Affäre, und stilisiert die Ausbrüche der Pixies damit deutlicher als man es noch in der Vergangenheit bewundern dürfte. Doch in der Zwischenzeit verwöhnen uns die Pixies mit Ihrer zarten und unwiderstehlichen Seite auf „Here Comes Your Man“ und dem lieblichen wie surrealen Lovesong „La La Love You“.
„Wave Of Mutilation“ ist eine surfende Ode an das Autofahren, während der Blick beim himmelblauen Meer verweilt. Obwohl insgesamt der Sound auf „Doolittle“ sauber und glatter ist als bei früheren Alben, gibt es dennoch reichlich seltsames, wie abrasvie Vignetten zu finden: Das verständnislose psychotische „There Goes My Gun“, „Crackity Jones“, ein Song über seinen verrückten Mitbewohner Franz in Puerto Rico und das nihilistische Finale in „Gouge Away“. Aber das Album verfestigt sich nicht auf den eingeschränkten Pixies- Sound, sondern erweitert sein Angebot, wie in dem Möchtegern-Spaghetti-Western „Silver“ und dem theatralischen „Mr. Grieves“.
Auf der anderen Seite erweitert Francis mit „Hey“ und „Monkey Gone To Heaven“ seinen lyrischen Horizont. Die meist zugängliche und weitreichende Stimmung macht „Doolittle“ zu einem vielseitigen und ehrgeizigen Album. Es ist ein unendlicher Spaß, herrlich anders zu den späten 80er-College-Rock-Bands und macht es dadurch mehr als einfach zu sehen, warum mit dem Album die Pixies zu Underground Rock Stars wurden.
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