Abel Tesfaye von THE WEEKND erzählt auf seinem neuen Album HURRY UP TOMORROW von einer dunklen Nacht der Seele.
„All I have is my legacy“, singt Abel Tesfaye über die traurigen Eröffnungstakte von „Wake Me Up“. Produziert von den französischen Elektronikpionieren Justice, ist es ein szenenbildender Moment für das, was bald klar wird, das bislang ehrgeizigste Projekt des kanadischen Künstlers ist – ein Album in Spielfilmlänge, das angeblich als letztes Kapitel für sein rätselhaftes Alter Ego The Weeknd dient. Später in diesem Jahr wird er neben der „Wednesday“-Schauspielerin Jenna Ortega und Saltburn’s Barry Keoghan in einem echten Spielfilm zu sehen sein, der von dieser Platte inspiriert ist – ein Psychothriller, der von seiner rastlosen, ausufernden Filmmusik untermauert wird.
„Hurry Up Tomorrow“ ist eine 85-minütige (!) Landschaft, der man kaum vorwerfen kann, dass es ihm an Ideen mangelt. Wenn man den Titeltrack weglässt – der mit seiner Anspielung auf „High For This“ selbst eine Übung in Vollständigkeit ist – bleibt tatsächlich eine weitere Trilogie von Mixtapes mit sieben Titeln übrig. Struktur ist alles (und sieben ist schließlich eine Glückszahl). Das Album ist oft frech und explosiv und kann auf sensorischer Ebene begeistern – die EDM-Elektronik, die „Until We’re Skin & Bones“ durchdringt, zum Beispiel oder die Gastproduktion der französischen Elektrogötter Justice und des Disco-Pioniers Giorgio Moroder.
Oft sind es jedoch die einfacheren, popfixierteren Elemente, die einen fesseln. „Take Me Back To LA“ ist eine makellose, wenn auch launische Hommage an die Stadt der Engel und ihre Aura des Überflusses. Strukturell komplex und umwerfend effektiv, gibt es im ersten Durchlauf wenig auf „Hurry Up Tomorrow“, das nicht ankommt. The Weeknd ist eine fesselnde, überaus effektive Darstellung seiner generationsübergreifenden Talente und nutzt diese breite Leinwand, um die facettenreichen Aspekte seines Pop-Genies hervorzuheben. Obwohl „Hurry Up Tomorrow“ viel von seinem üblichen launischen Synthpop hat, ist es auch mit Experimenten gespickt: Er bringt pulsierenden brasilianischen Funk auf „São Paulo“ rüber und flirtet mit Kanye-artigem Chipmunk Soul auf „Niagara Falls“.
Tesfaye hat behauptet, dass sein sechstes Studioalbum seine letzte Veröffentlichung unter dem Deckmantel von The Weeknd sein wird, was darauf hindeutet, dass er damit praktisch ein verdrehtes RnB-Alter Ego tötet, das ihm nichts als Ruhm, Reichtum und Verzweiflung gebracht hat. Und so ist „Hurry Up Tomorrow“ sicherlich ein mutiger Weg, den Vorhang für eine phänomenale Karriere fallen zu lassen, ein üppiges Pop-Epos darüber, wie schrecklich moderner Ruhm wirklich ist.
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