Parov Stelar – Coco

Electronic, VÖ: September 2009

Es ist eine wohlwollende Glückseligkeit, die absolute Harmonie unseres Bewusstseins. Alles um uns herum einschließlich der Zeit schwindet und spielt in diesem Moment keine Rolle mehr. Die Befriedung legt sich wie ein warmer Schleier vor unsere Augen, überschüttet uns mit Serotonin und spielt verführerisch mit unserem Glücksgefühl. Doch werden leider die Voraussetzungen zum Erreichen des Glückszustandes nicht völlig erreicht. Was fehlt, waren die herumfliegenden Wörter in unseren Köpfen. Was ist falsch an der Tatsache ein Werk der absoluten Vollkommenheit in seiner Gänze hemmungslos zu genießen? Schnell ordneten sich die Fragen zu einer aufschlussreichen Antwort: Die Zeit. Die benötige Zeit um dieses phantastische Werk von Parov Stelar zu finden. Eine verloren gegangene Zeit könnte man sich nun denken. Aber da wir zu einer positiven Einstellung neigen, sehen wir es aus dieser Sicht der Dinge: Das Album passt rückblickend gesehen so viel besser in diese kalte und dunkle Jahreszeit, wie es zum Release Ende August je hätte sein können. Ja vielleicht ist es Schönmalerei, aber warum über Kleinigkeiten streiten. ‚ Coco Part 1 ‚ ist der perfide Traum einer makellosen Weltanschauung die, wie man es schlussendlich auch sehen mag, in zwei Teile gespalten wurde.

Dabei liegt die klare Konzentration natürlich bei ‚ Coco Part 1 ‚ das sanft durch die getragenen Piano-Klänge zum Leben erwacht, sich durch die eindringlichen Beats zu voller Größe errichtet und mit Sängerin Lilja Bloom den ersten Glanzpunkt einer traumwandlerischen Reise in verzückenden Spheren erlebt. ‚ Hurt ‚ beginnt geheimnisvoll, entlüftet die drückende Atmosphäre mit leisen Jazz Eindrücken aus dem Hintergrund, beruhigenden Beats und einfach phantastischen Vocals das ‚ For Rose ‚ dagegen aus der musikalischen Sicht, fast schon unverschämt in den Schatten rücken lässt. ‚ True Romance ‚ ist wieder ein Stück mit Lilja Bloom und der unaufdringlichen Anlehnung des Klassikers ‚ Shine ‚. Diese Aufzählung wäre abendfüllend, zu schön, zu phantasievoll, zu unbeschreiblich jedes dieser einzelnen Stücke, zu perfekt das neue Gesamstkunstwerk von Parov Stelar, der uns in ‚ Distance ‚ featuring Lylith kurzzeitig wie aus einem freien Fall nach unten stürzen lässt. Und zwar stets wenn die rollenden Synthies für einen Moment in tiefes Schweigen verfallen. ‚ Wake Up Sister ‚ bewegt sich als Up-Tempo-Nummer flott durch die Strophen, abgebrochene Saxophon-Schnipsel und eine dichte Atmosphäre sind nicht nur hier die tragenden Grundpfeiler, sondern auf dem gesamten Langspieler.

Selbst der Hip Hop wird kurz angeschnitten, jedoch nicht nur als Nebensache, sondern als festen Part in der zentralen Mitte von ‚ Coco Part 1 ‚. Er startet bei der Kollaboration mit Blaktroniks und endet kurz darauf wieder mit Veda 36 und dem wohl eindrucksvollsten Song. Ein Stück das Jazz, House, HipHop, Electro und Breakbeat verbindet, ja zu einer Masse verschmelzt, wie wohl kaum ein anderer Song zuvor. Wobei die fremde Vergangenheit eigentlich eine unbeschriebene ist. Wo Parov Stelar ist, da war mit Sicherheit nichts zuvor und schon recht wird man nichts daneben finden. Er ist ein Ausnahmetalent, das seine Stücke so spielerisch arrangiert, als hätte er Sie während Aufstehen und dem allmorgentlichen Frühstück komponiert. ‚ Your Man ‚ beginnt überraschend kompliziert, entwickelt sich erst langsam zu einer rasch wachsenden Blüte und springt dem Hörer unerwartet als phantastische Dancefloor-Nummer in die Gehörgänge. Eine Nummer die am Ende mit Sicherheit jedem fest im Gedächtnis sitzen wird. Jetzt konnte man bis hierhin nur positives lesen, keine Kritik im eigentlichen Sinn, rein lobende Worte.

Normalerweise ist das für Platten von Parov Stelar die Normalität, aber so schwer es nun auch fallen mag, der Schlussteil verliert ein wenig an Substanz , das Experiment ‚ Létoile ‚ ist nicht die gewohnte Vollendung und auch der abschließende Part ‚ You And Me ‚ mit Lilja Bloom ‚ lässt die gewohnten Qualitäten von Parov Stelar ein wenig vermissen. Doch warum unnötig Tränen vergießen, schließlich werden wir mit einer unglaublich beeindruckenden zweiten Platte, die stärkeren House-Einfluss mit sich bringt, an die glitzernden Wände gepresst. Es folgen vertraute Stücke wie ‚ Hotel Axos ‚ oder ‚ Libella Swing ‚, sowie verspielte und treibende Beats in Vollendung, die ‚ Coco ‚ schlicht gesagt zu einem Meisterwerk emporsteigen lassen und deshalb nur eines von uns erhalten kann: Die Höchstwertung. Und währenddessen verneigen wir uns in Ehrfurcht vor diesem unbestrittenen Ausnahmetalent.

10.0