Panic! At the Disco – Viva Las Vengeance

Indie Rock, VÖ: August 2022
Wenn die kristallklare, grüblerische Stimme von BRENDON URIE erklingt, ist klar, dass dies ein musikalisches Spektakel sein soll, das alles singt und tanzt.

„Viva Las Vengeance“ ist ein Musical, schlicht und einfach. Von dem seltsam patriotischen „Star Spangled Banger“ bis hin zur Queen-inspirierten Brillanz von „God Killed Rock And Roll“ kann man sich Brendon Urie leicht auf der Bühne vorstellen, ganz eingepudert, mit zurückgeworfenem Kopf und einem besonders scharfen Parfüm. Während sich die Tracks entfalten, hat diese Pop-Rock-Oper eine eindeutige Andrew-Lloyd-Webber-Qualität. Obwohl es nach den Sternen greift, erreicht dieses Album jedoch nicht den Broadway; Es lässt sich nicht leugnen, dass Brendon Urie ein Schausteller ist. Urie’s Verwandlung zum Broadway-Superstar in der Serie von Kinky Boots 2017 fühlte sich natürlich an; Mit diesem fesselnden Tenorgesang kann er jeden unter dem Tisch singen. Urie fängt Theatralik ein, nagelt die aufsteigenden Klanglandschaften der 70er und köstlich eingängige Hooks fest, aber jenseits des Glam-Rock-Glanzes gibt es nicht viel Tiefe.

„Viva Las Vengeance“ wurde mit dem langjährigen Mitarbeiter Jake Sinclair (Weezer, Fall Out Boy) und dem Power-Pop-Guru Mike Viola (Candy Butchers, Andrew Bird) aufgenommen und klingt großartig produziert. Urie ist lyrisch in einem nachdenklichen Modus, obwohl die überdimensionale Musik davon ablenken kann, wie nachdenklich er wird („Stare at a wall that’s telled tausend tragedies/ Holding a hand that’s loved every part of me“, sinniert er über die Interpolation von Janis Ian „Don’t Let the Light Go Out“). „Star Spangled Banger“ zeigt Urie, wie er Phil Lynott von Thin Lizzy in den Boogie-Versen kanalisiert, die eine nostalgische Reise zurück in seine unbeschwerten Teenagerjahre unternehmen. „Viva Las Vengeance“ ist am befriedigendsten, wenn Urie sich voll und ganz in den Film-Musical-Modus neigt, wie in dem zur Trennung ermutigenden „Something About Maggie“ und dem Mini-Epos „God Killed Rock And Roll“. 

„Sad Clown“ hingegen zeigt, dass Urie den Geist von Queen vollständig mit opernhaften Begleitchören kanalisiert und diese als seine allsehenden Erzähler fungieren. Während sich dieses Album entfaltet, wird eines klar: Die Mystik von Panic! At The Disco gibt es leider nicht mehr. Textlich sind die Tracks glanzlos und flach. Das soll jedoch nicht heißen, dass dieses Album nicht einige erstaunliche Momente hat. Viele Tracks haben einen schimmernden Reiz und einen gewissen Unterhaltungswert – wenn man von den lyrischen Mängeln absieht.

6.8