Noisettes – What’s The Time Mr Wolf?

Indie Rock, VÖ: Februar 2007

Ein kleiner Teil von uns wird die Noisettes kennen und innig lieben gelernt haben. Der andere Teil dagegen, der etwas größere, hat diesen Namen mit hoher Wahrscheinlichkeit noch nie in Ihrem Leben gehört. Woran das liegen kann? Nun, immer wieder Mal Geschehen unerklärliche Phänomene wie Sie bestimmt schon jeder mal erleben durfte. Ein weiteres dieser Art ist das der Noisettes. Seit vier Jahren spielt das Trio um Shingai Shoniwa zusammen, veröffentlichten zwei EPs ‚ Three Moods Of The Noisettes ‚ und ‚ What’s The Time Mini-Wolf ‚, die beide Ihren größten Hit ‚ Don’t Give Up ‚ beinhalten. Zumindest ein Song der seine Reise um die halbe Welt antreten durfte. Ein Song der dreimal als Opener die Platten einleiten durfte und trotzdem wollte es nicht klappen. War den Menschen dort draussen nicht bewusst, dass dahinter noch andere Stücke warten, wurden die hohen Erwartungen nicht erfüllt, oder legte sich bei deren Anblick einfach nur eine breite Enttäuschung auf den Hörer hinab? Letzteres spricht zumindest eindeutig von Unvermögen, denn hinter ‚ What’s The Time Mr. Wolf ‚ stecken elf originelle und markante Stücke mit Tiefgang der müheloser nicht klingen könnte.

Da muss eben nicht nur der eigene Schädel durch die Gegend gewackelt werden, sondern die Kombination macht den entscheidenden Unterschied. Ihre Songs regen zum Nachdenken an, wie in ‚ The Count Of Monte Christo ‚ ohne dabei den tanzbaren Faden zu verlieren. Es wäre an dieser Stelle zu einfach, die Höhepunkte der Platte einzig auf die Stimme von Shingai Shoniwa zu schieben, doch kritisch betrachtet bleiben wiederum nicht viele Gegenaspekte stehen. Sie kann eben verdammt gut singen und schreien, mal mit einem kühlen Unterton in ‚ Hierarchy ‚ und dann wieder feurig und furchtlos in ‚ Don’t Give Up ‚. Es ist ein herkömmliches Line-Up wie man es aus unzähligen Bands kennt: Gitarre, Bass, Schlagzeug und doch könnte man meinen, Sie spielten hier mit industriellen Reinigungsmaschinen. Sie fegen durch die noch so kleinsten Ecken, ohne dabei Ihre faszinierende Leidenschaft dabei zu verlieren.

Selbst so komplizierte Strukturen wie in ‚ Bridge To Canada ‚ lassen die Noisettes nie auch nur eine Sekunde Zeit, um in ein sicheres Versteck zu flüchten. Hypnotischer Jazz übernimmt ein rauchiges ‚ Can’t Even (Break Free) ‚ und entführt den Hörer am Ende in überwältigende Klanglandschaften, die einzig von ‚ Nothing To Dread ‚ übertroffen werden. Hymnisch türmen sich die Chöre zu kilometerhohen Bergen auf, brüllen, fauchen und flirten in agressiver Romantik mit den steigenden Harmonien. Auf ‚ What’s The Time Mr. Wolf ‚ verschmelzen die so unterschiedlichen Sounds und Ideen kaum spürbar miteinander und dennoch verlieren die Noisettes nie auch nur im Ansatz die Kontrolle, über Ihr selbsterschaffenes Monster mit den rasiermesserscharfen Wolfszähnen im Maul. Ihr Debüt ist eine phantastische Ansammlung von potenziellen Singles, die zwingend von jedem gehört werden muss. Schließlich ist das nicht der geeignete Sound für das dunkle Schattendasein einer jungen und verdammt talentierten Band aus London.

7.4