NIA ARCHIVES produziert auf FORBIDDEN FEELINGZ weichherzigen Lo-Fi-Jungle für introvertierte Extrovertierte.
Es gibt einen schmalen Grat zwischen hingebungsvoll und abgeleitet klingend, aber Nia Archives überwindet die Kluft mit lässiger Eleganz. Der Titeltrack – ein Highlight unter den Highlights dieses rasanten Albums – sampelt Vintage-TV für seine Interpunktion und setzt den knorrigen Reese-Bass ein, der als Brücke zwischen Jungle und seinem Schlagzeug dient. Bei „18 & Over“ bekommt man im Intro eine sofort vertraute Reggae-Hook („Young Lover“ von Cocoa Tea) und einen gesampelten Ruf zu den Waffen („Give me a motherfucking breakbeat!“) über den schwammigen Schwindel von Hardliner’s „Motherfucking Breakbeat“ aus dem gleichen Jahr bis hin zum weitaus ruhigeren „Brand E“ von John Frusciante aus dem Jahr 2020. So weit, so vertraut, vielleicht.
Aber dann beginnt Nia Archives zu singen, und ihre Stimme dreht sich fesselnd wie ein Rauchring. „Gud Gudbyez“ wird uns dazu bringen, vergeblich in den hinteren Teil des Gehirns zu greifen, um herauszufinden, wo wir die trippige Hook schon einmal gehört haben (keine Sorge, haben wir nicht). Nia Archives erstellt ein schnelllebiges und unterhaltsames neues Kurzalbum, dass sich mit einigen ernsthaften psychischen Problemen befasst. Der melodische, gut geschriebene, hüpfende Jungle untermauert die Ambitionen und fügt ihrer Musik ein paar neue Elemente hinzu. Nia Archives zeigt eindrucksvoll, dass sie nicht nur eine führende Persönlichkeit für eine neue Generation von Drum’n’Bass-Ravern ist, sondern auch ihren Platz als Elite-Produzentin festigt.
Denn die Besten schaffen nicht nur so elektrisierende Klanglandschaften wie diese, sondern nutzen ihre Fähigkeiten, um universelle Gefühle und Wahrheiten zu extrahieren und zu verwirklichen. Nur wenige – wenn überhaupt – machen es im Moment so gut wie Nia.