Mary J. Blige – No More Drama

Classic AlbumsR&B, VÖ: August 2001
Selten klingt eine Künstlerin so vollkommen eins mit ihrem Material. Dies ist eine Frau, die in der Öffentlichkeit aufwuchs und sich in der Ära von Missy Elliott und Destiny’s Child neu belebt. MARY J. BLIGE beweist auf NO MORE DRAMA, dass sie kein Relikt aus einer anderen Zeit ist.

Der Eröffnungstrack von „No More Drama“, das von Bläsern gesampelte „Love“, gibt den Ton für die gesamte Scheibe an und lässt Mary J. Blige zum ersten Mal seit ihrem Debüt vor fast einem Jahrzehnt rappen. Das allzu kurze „Love“ geht in die erste Single des Sets über, das von Dr. Dre produzierte „Family Affair“. Der Song ist der jüngste in einer Reihe von Club-tauglichen Superstar-Hymnen, die die Freude und Einheit des Tanzes feiern. „Let’s get crunk’cause Mary’s back“, singt sie. Mary ist in der Tat zum ersten Mal seit „Share My World“ von 1997 wieder in voller Form. Obwohl Mary’s Stimmumfang unbestreitbar begrenzt ist, beweisen Tracks wie das straffe „Crazy Games“ und „PMS“, dass ihre emotionalen Darbietungen immer noch unerreicht sind. Blige war eine der ersten Sängerinnen, die den im Hip-Hop schlummernden Gospel und Jazz entdeckte (in dieser Hinsicht schulden ihr Nachwuchstalente wie Alicia Keys etwas); Mit „No More Drama“ geht sie noch einen Schritt weiter und entfernt sich von dem perkussiven Sound, der einst ihr Markenzeichen war. 

Auf Stücken wie „Keep It Movin‘“ erkundet sie die Soul- und Jazz-Riffs in ihrem Gesangsrepertoire weiter und ist kaum als Hip-Hop-Sirene wiederzuerkennen. Anfangs klingt sie im Vergleich zu ihren älteren Werken fast lau, aber das ist Musik, die mit jedem Hören an Tiefe und Gefühl gewinnt. Das Album steigert sich im Titeltrack: Blige erhebt sich von einer Piano-Melodie einer Seifenoper und steigt in ihrer Entschlossenheit, Fehler der Vergangenheit niemals zu wiederholen, zu Gospelhöhen auf: “No more pain/No more games/Maybe I like the stress/’Cause I was young and restless/But that was long ago.” Die Erlösung scheint jedoch irgendwie unvollständig zu sein. Durchweg hat man das Gefühl, dass sich Blige noch im Wandel befindet, dass das Glück näher, aber immer noch außerhalb ihrer Reichweite liegt. Der letzte Song, „Testimony“, fasst das Thema des Albums am besten zusammen: Finden, was im Leben wirklich ist. Für Blige ist das Selbstliebe und Gott. 

Blige hat einen Killerinstinkt dafür, Texte zu schreiben, mit denen sich die Leute identifizieren können, und düstere, fette und soulige R&B-Kost zu kreieren. „No More Drama“ weist in die Zukunft, indem es sich für junge Produzenten wie Harrison und Beatz einsetzt und gleichzeitig der illustren Vergangenheit des Genres Tribut zollt. Aber was es so besonders macht, ist, dass „No More Drama“ äußerst persönlich und außergewöhnlich herzlich ist.

7.9