Es ist ein Klischee, dass Rapperinnen nicht nur gut rappen, sondern auch gut singen und dabei gut aussehen müssen. LIZZO erfüllt sie alle.
Das ist natürlich nichts Schlechtes. Lizzo ist alles andere als ein One-Trick-Pony (neben einer glühenden Rapperin ist sie auch eine atemberaubende Gospelsängerin und klassisch ausgebildete Flötistin), und die ganze Bandbreite ihres Talents wird hier gezeigt, angefangen bei der funkelnden Seele von „Humanize“ zum jazzigen Groove von „The Fade“. Sie begnügt sich nicht damit, den Stil zwischen den Tracks zu wechseln, sondern schafft es sogar, innerhalb eines Songs ganze Genre-Kehrtwendungen zu vollziehen: siehe „En Love“, das mühelos zwischen rauem Rap und euphorischem Kirchenchor hin und her pendelt. Und dass sie über die nötigen Mikrofon-Skills verfügt, beweist sie auf „Ain’t I“, das es schafft, knallhart, voller Attitüde und sozial bewusst zu sein: „What was Russia without the czars?/What was Henry Ford without the cars?/My grandparents worked at Ford factory/So Henry is nothing without my family tree/And his slave-owning family needed Black blood still/So I think we need a spot up on Henry’s will.“
„Big GRRRL Small World“ konzentriert sich viel mehr auf Lizzo’s Stimme, als wir es auf ihrem Debüt erlebten. Sie verbringt einen Großteil des Albums damit, zu beweisen, dass sie so gut singen wie sie rappen kann, egal ob es sich um Hooks oder reine R&B-Tracks handelt. Noch beeindruckender ist, dass sie mit ihrer Stimme darüber singt, sich selbst zu lieben, sich in seinem Körper wohl zu fühlen und Stolz und Selbstachtung zu haben. In „Humanize“ fordert sie die Tendenz zu krasser Sexualität und Objektivierung in der Popkultur heraus und singt: „I try to see love through human eyes/Humanize me baby.“ Bei „My Skin“ geht es darum, deinen Körper und deine Identität zu akzeptieren. „En Love“ ist ein Liebeslied an sich selbst. Lizzo’s Persönlichkeitskraft verhindert, dass der Wechsel nur ein Gimmick ist, ebenso wie ihre Großzügigkeit; Sie widmet ihrer besten Freundin und ihren Zuhörerinnen einen Vers.
In der Tat sind die einfachsten Tracks auf „Big GRRRL Small World“, wie die Empowerment-Ballade „My Skin“, ausdrücklich von und für alle, die wie sie aussehen und zu ihr aufschauen. Dies – nicht nur ihre Indie-Freunde oder ihre kristalline Produktion und vor allem nicht ihr Platz in einer erfundenen Taxonomie von Rapperinnen, in die sie eingeordnet wurde – ist größtenteils für ihren stürmischen Erfolg verantwortlich, und Lizzo weiß es. „I love that because I am a woman and because I rap and I look the way I look, I can connect with the demographic of people who feel like they have a voice in me,“ sagte Lizzo Billboard. „I get to speak to these people who did not get spoken for in this genre.“ Die Musik als auch Lizzo selbst haben eine Kraft, die uns atemlos mitreißt. Dies ist ein Schaufenster für die kleine Welt und ein Andenken für die großen Grrrls.