Let’s Eat Grandma – I’m All Ears

Indie Rock, VÖ: Juni 2018

Mit ihrem Debüt aus dem Jahr 2016 haben Let’s Eat Grandma ihre ersten Schritte in unsere Welt gesetzt und sich als brilliantes Duo etabliert – ihr Name, ihre Bühnenpräsenz, ihre Songs. Sie waren wie ein unheimliches Märchen, das zum Leben erweckt wurde. Zu dieser Zeit waren Rosa Walton und Jenny Hollingworth gerade mal 17 Jahre alt und haben irgendwo zwischen CocoRosie und den Dresden Dolls ihren eigenen Sound kreiert.

Die Rückkehr von Let’s Eat Grandma (neben der kosmischen Lounge-Musik der Arctic Monkeys) ist für mich eine der überraschendsten Neuerfindungen aus diesem Jahr. „I’m All Ears“ beschäftigt sich jedoch nicht nur mit der reinen Neuerfindung an sich, sondern ist vielmehr der Sound spät-jugendlicher Erforschung und Reife. Musikalisch haben die beiden Mädels die neuen Songs in einen geschnürten Pop-Sound gehüllt, der sie relativ leicht zugänglich erscheinen lässt.

Die letzten Singles „It’s Not Just Me“ und „Falling Into Me“ klingen einfach unbesiegbar, wobei letztere sich jedes Mal dann neu formiert, wenn man denkt, jetzt hätte man diesen Track endlich festgenagelt. „Falling Into Me“ greift zwar auf die traditionellen Pop-Strukturen zurück, die ebenfalls in „Hot Pink“ zum Einsatz kommen und doch wird zugleich auf traditionelle Strukturen verzichtet, indem sie fortwährend verschiedene Motive entwickeln und erforschen. Angesichts der Anzahl der Ideen, die während „Falling Into Me“ präsentiert werden, ist es ein bemerkenswert kohärentes und ruhiges Hören.

Die zweite Hälfte des Albums enthält ein paar atemberaubend epische Stücke, wie „Cool & Collected“ und „Donnie Darko“, die eine Songwriting-Reife jenseits ihrer 18 und 19 Jahre aufweisen. Irgendwie passt hier eben alles zusammen. Aber egal wie sich der Song gerade anhört, es gibt immer ein Gefühl von Drama, ob es im dunkel treibenden Piano zu „I Will Be Waiting“ ist, das sich zu einem Crescendo aufbaut, oder bei „Whitewater“ – eine zweiminütige orchestrale Explosion, die ihren gruseligen Sound von früher mit einem neuen, streng konstruierten Electro-Sound verbindet. Die Platte ist mit einer Reihe von Instrumentals bestückt, die sich als feine Experimentierschnipsel präsentieren.

Auf der anderen Seite legen sie einige Monster-Tracks auf – der längste ist „Donnie Darko“ mit 11 Minuten Spielzeit. Es ist ein wahres Epos, eine weitschweifige Geschichte, die sich überall ausdehnt, zusammenzieht und durchzieht. „I’m All Ears“ ist letztlich auch eine zärtliche und ehrliche Platte, die sich in ihrem eigenen überzeugenden Tempo bewegt und dabei einfach nur unglaublich bemerkenswert klingt.

9.5