JARV IS… – Beyond The Pale

PopRock, VÖ: Juli 2020
JARV IS… heißt die Reise ohne bestimmtes Ziel. „Beyond The Pale“ ist der mysteriöse Begleiter.

Eigentlich sollte „Beyond the Pale“ niemals existieren. Im Jahr 2017 stellte Jarvis Cocker eine sechsköpfige Band zusammen, die nur live auftreten würde, ohne jedoch Alben zu veröffentlichen. Geoff Barrow musste eingreifen, um den ehemaligen Pulp-Frontmann dazu zu bewegen, diese Platte aufzunehmen. Nun ist „Beyond The Pale“ erschienen und die Band nennt es selbst lieber ein „alive album“ als ein Live-Album. Es ist eine erfundene und ehrgeizige Beschreibung für ein Album, das darauf abzielt, die Live-Musik wiederzugeben und dieses Feeling nur gelegentlich erreicht. „Beyond The Pale“ ist sicherlich nicht tot. Aber es ist manchmal sterbend, wie ein Versprengter nach dem Festival, der drei Mahlzeiten und einen Vitamin-Schuss braucht, anstatt einen tobenden Rockgott. 

 

Es ist eine Schande, denn die Idee von JARV IS… als lebendige Überschreitung der Grenze zwischen aufgenommener und Live-Musik ist interessant und es gibt genug Momente lebhafter Inspirationen, die darauf hindeuten, was „Beyond The Pale“ hätte sein können, wenn es nicht beschwert worden wäre mit überlangen Songs und einer flachen Produktion. Dafür gibt es ein echtes Gleichgewicht zwischen Vorstellungskraft und Struktur in dem gesamten Album. Das glänzende „Save the Whale“ – mit seinen beunruhigenden gedämpften Tönen und hypnotischen Instrumenten – ist ein absolutes Highlight. Es ist auch ein Beweis für Jarvis Cocker’s Vermächtnis, dass er 2020 eine Platte herausbringt, auf der die Menschen schlafen müssen, bevor sie sich eine Meinung bilden können. 

 

Während so viele seiner 90er-Jahre-Indie-Kollegen verwässerte Versionen ihrer größten Hits produzieren, um bei einem letzten großen Zahltag abzukassieren, indem sie Songs spielen, die für ihr heutiges Selbst auf Tour nichts mehr bedeuten, steht Cocker vor einer experimentellen Popgruppe und spielt Songs, die vielleicht keine witzigen Reimpaardichtungen mehr enthalten, aber dennoch irgendwie sehr liebenswert daher kommen.

6.0