J Hus – Common Sense

HipHop/Rap, VÖ: Mai 2017
Es hat sich wohl ausgezahlt: Eine Handvoll Features und eine Zusammenarbeit mit dem südlondoner Drake-Rapper Dave hielten die Dinge über die letzten Jahre am Brodeln. COMMON SENSE ist nun das erste Album von J HUS seit dem Mixtape The 15th Day aus dem Jahr 2015. Seitdem ist er leise zur führenden Figur in der wohl aufregendsten neuen Musikbewegung Großbritanniens aufgestiegen.

Als Aufnahmen von Teenagern, die „Dem Boy Paigon“ sangen, als die Polizei versuchte, eine Hausparty in Hackney zu räumen, viral wurden, war klar, dass J Hus zu einer der führenden Stimmen Londons geworden war. Jetzt, wo das Debütalbum „Common Sense“ während einer ausverkauften Tour erscheint, ist es offensichtlich, dass er an der Spitze des UK-Rap steht. Textlich trifft diese Platten die gleichen Themen wie auf seinem Mixtape von 2015, wenn er über das Straßenleben, sexuelle Begegnungen und das Leben als 20-Jähriger auf dem Vormarsch rappt. Aber was sich geändert hat, sind die Beats. Dank Produzent Jae5 hüpft Hus jetzt zwischen G-Funk, UK-Garage und R’n’B sowie knallendem Rap und Afrobeats.

Witzigerweise hat die Platte so etwas wie einen Slow-Burn-Effekt. Es ist lustig, weil so ziemlich alles, was Hus im Moment anfasst, Millionen von Aufrufen auf YouTube verzeichnet, bevor man „Hussla Baby“ sagen kann. Vom Lounge-Funk des eröffnenden Titels bis hin zu „Bouf Daddys“ sanftem Pop-Bump oder dem sanften, trappy Swing von „Leave Me Alone“ wird dies größtenteils Neuland für Hus-Fans sein, die eher an aufrührerische Titel wie „Dem Boy Paigon“ oder „Friendly“ (letzteres erscheint am Ende des Albums) gewöhnt sind. In der Tat ist so ziemlich alles brandneues Material. Das scheint ein mutiger Schritt im Jahr 2017 zu sein, wo die meisten Alben auf mehreren Nur-Stream-Singles und -Videos folgen, aber hier erinnert es eher daran, dass es immer noch einen Platz für mutige neue Künstler auf der Welt gibt.

Der feuchte Mischmasch aus Kulturen und Sounds auf J Hus’ Debüt ist das fleischgewordene London: Bashment, „UK Afrobeats“, Grime, Hip-Hop, R&B und Garage sind allgegenwärtig. Während „Common Sense“ den Stratford-Sänger/Rapper mit 17 Tracks in die Verlängerung schickt, ist die Qualität zweifellos konstant – sei es das angesprochen üppig produzierte „Bouf Daddy“, das Dancehall-beeinflusste, dunstige „Fisherman“ oder das sonnendurchflutete „Good Time“ mit Burna Boy. J Hus verleiht seinen Bangern eine bewundernswerte Selbstbeobachtung, die ebenso wahrscheinlich sein ghanaisches Erbe einbringt oder seine strafbaren Handlungen in der Vergangenheit berücksichtigt. 

Und so fühlt sich die musikalische Vielfalt auf „Common Sense“ weniger wie eine formale Übung oder ein Crashkurs in kuratorischer Geschmacksbildung an, sondern eher wie das hyperaktive, alles fressende Gehirn eines Mitzwanzigers, der eine WLAN-Verbindung und eine Wohnung in einer der größten Städte der Welt hat. Was es offenbart, ist jemand mit Talent, genug Witz und Selbstbewusstsein, um dies alles mit seinem Ehrgeiz in der Realität zu verankern. Es ist ein exzellentes Debüt von einem Künstler auf der Schwelle.

8.5