I Like Trains – He Who Saw The Deep

Rock, VÖ: September 2010

Es gab schon so manchen Menschen, der nach seiner Entdeckung über die korrekte Schreibweise des Bandnamens (iLiKETRAiNS) bereits keine Lust mehr verspürte, an dieser Stelle ernsthaft weiterzulesen. Aber wie wäre es denn für den restlichen Teil, noch etwas mehr wohlriechendes Öl in das lodernde Feuer zu schütten? Vielleicht dürfte man es aber auch als klare Ernüchterung definieren: Die Herrschaften kleiden sich zwar wie Retro-Eisenbahner, singen und schreiben jedoch über semi-obskure Zeichen und ziehen Ihre Inspirationen aus historischen Misserfolgen und einer pessimistischen Weltansicht. Ihr Debütalbum ‚ Elegies To Lessons Learnt ‚ wurde auf dem Label Beggars Banquet Records veröffentlicht und Ihre Debüt EP ‚ Progress Reform ‚ erschien auf Fierce Panda Records im Juni 2006. Soviel also zum Hintergrund der vier jungen Herren aus Leeds, England. Das jetzige Booklet vom aktuellen Album ‚ He Who Saw The Deep ‚ eröffnet dem geneigten Fan bereits so manch wichtige Essays. Für alle anderen sei damit geholfen, die sich nicht an dieser Musik erfreuen können, folgenden Satz laut in die Atmosphäre zu brüllen: „Das ist zu anspruchsvoll für mich!“

Für uns geht es ab hier in eine wahrlich fremde Welt, deren großes schmiederndes Tor uns erst mit Beginn der Dämmerung Einlass gewährt. Dahinter erblicken wir eine kalte Hand, deren knochige Finger uns zum Gruße gereicht werden. ‚ When We Were Kings ‚ ist auch die potente Erinnerung daran, das trotz der neuentdeckten Einflüsse auf dem zweiten Album, die mürrische und dunkle Seite von I Like Trains fest im Leben der Engländer verwurzelt bleibt. Auch präsentiert uns die Band eine breitere Palette an Instrumenten und ruft dennoch nach dem uralten Klischee, dass weniger oftmals in der Tat mehr sein kann. ‚ He Who Saw The Deep ‚ ist keine heitere Platte, auch fehlt den Songs die komplexe und konsistente Atmosphäre der Angst wie bei Joy Division, dafür erzeugen I Like Trains gefühlte Zufallsprodukte in unseren Köpfen, veredeln diese mit der einzigartigen Stimme von Sänger Dave Martin und Lyrics über die intonierte Verzweiflung in unheilsbeladenen Zeilen über Tod und Vergessen. „In a million years our bones will be your oil“.

Aber es finden sich auch Momente der musikalischen Transzendenz in ‚ A Divorce Before Marriage ‚ und Monumente epischen Ausmaßes in dem erschütternden Höhepunkt ‚ Sirens ‚. Das anmutige ‚ Sea Of Regrets ‚ taumelt dagegen durch schmilzende Streicher-Arrangements und erzeugt dabei eine spannende Mischung aus Intensität und Trauer. I Like Trains wissen um Ihre Macht, das schrittweise enthüllen Ihrer verbogenen Tiefen in den richtigen Momenten voranzutreiben und eine Platte zu produzieren, deren Aura einen hoffentlich nie wieder verlassen wird…

8.0