Diese Songs halten unsere Hände und führen durch die kalte Winterzeit, während LIZ HARRIS‚ Stimme so rein wie ein klarer blauer Himmel von oben auf uns herab blickt.
Der Columbia River hat vieles zu bieten. Auf ihm geht es durch heilige Reservate, vorbei am schneebedeckten Gipfel des Mount Hood und durch die Gebiete vieler nationaler Wälder, die jeweils mit riesigen Mammutbäumen und tosenden Wasserfällen gefüllt sind, bis hin zum Meer in der malerischen Stadt Astoria, Oregon. Betrachter mit Adleraugen erkennen vielleicht den von Wasser übersäten Ort und den nahe gelegenen Cannon Beach, der von riesigen Felsvorsprüngen dominiert wird, die sich dem Nebel entgegen stellen und die tiefstehende Wintersonne blockieren. Vielleicht sehen diese Augen aber noch etwas anders: Nämlich die mit Abstand fesselndste Besucherin mit Namen Liz Harris, die auf ihrem neuen Album den Namen Grouper wiederbelebt und tiefer in die Geschichte dieses Landes eintaucht.
Langjährige Fans werden erfreut sein zu hören, dass diese neun Tracks aus Sessions stammen, die sie in den letzten anderthalb Jahrzehnten in ihrem Heimstudio im pazifischen Nordwesten und in verschiedenen Kunstresidenzen rund um Mount Tamalpais in der Bay Area aufgenommen hat. Zugleich entfernt sich Harris von der Choratmosphäre und dem eisigen Minimalismus der Nivhek-Ära und geht hin zu den nächtlichen Höhen und knisternden Klangfarben früherer Alben wie „Dragging A Dead Deer Up A Hil“ und „The Man Who Died In His Boat“. Grouper’s Musik war schon immer greifbar, dank Harris‘ exquisiter Verwendung von Texturen, von denen viele von den Orten stammen, an denen sie aufnimmt. Auf „Shade“ fühlen sich ihre Stücke wie natürliche Erweiterungen ihrer Umgebung an, wie auch immer diese Umgebung aussehen mag.
Die turbulenten Anhäufungen und die unterschiedlich gewundenen Pfade werden auf dem ersten Track „Followed The Ocean“ beschworen. Als würde man in einen plötzlichen Regenschauer geraten, von tosendem Verkehr gnadenlos bespritzt oder versucht, durch besonders reißende Stromschnellen zu schwimmen – stets wird alles von Harris‘ untergetauchten Harmonien getragen, von denen jede von einer Schicht sumpfigen Lärms umgeben ist. Das Summen des Raums und das Quietschen der Gitarrensaiten werden zu wichtigen Elementen von „Promise“, einem Liebeslied, das so intim ist, dass es sich anfühlt, als ob es nur von der Person gehört werden sollte, über die Harris es geschrieben hat.
Eine schreiende Eule unterstreicht das wunderschöne Finale „Kelso Blue Sky“, ein eher traditionell strukturierter Country-gefärbter Song, der dennoch ihrer Vision von Ambient-Musik treu bleibt und einem nach Luft schnappen lässt, wenn Harris mit sonniger Stimme singt: „Blue sky over Kelso and I’m feeling fine“.