Hinsichtlich Melodie und Struktur sind JOANNA STERNBERGs Lieder leicht zugänglich; Andererseits bietet die talentierte Sängerin vielschichtige Texte und arbeitet gekonnt mit Stimmparadoxien. Es liegt eine geheimnisvolle Atmosphäre um ihre Lieder – als würde man jemandem begegnen, der sowohl stärker als auch zerbrechlicher ist, als er scheint.
Als Multiinstrumentalist mit einem angeborenen Verständnis für klassisches amerikanisches Songwriting eröffnet Joanna Sternberg das zweite Album mit „I’ve Got Me“, einem ergreifenden Titelsong, der auch als Leitbild ihrer Band dienen könnte. Über einer sanft angeschlagenen Akustikgitarre singen sie: „I’ve got me in the morning, I’ve got me in the evening, I’ll let you be, because I’ve got me.“ Während das kurze Lied weitergeht, wird klar, dass Sternberg’s eigener überfüllter Geist ein Bienenstock aus Selbstzweifeln und vermeintlichen Misserfolgen ist, der ständig mit dem Selbstbewusstsein kämpft, diese Probleme in Einklang zu bringen. Die Melodie könnte von Stephen Foster stammen und die Botschaft ist auf herzzerreißende Weise für praktisch jeden Menschen nachvollziehbar.
Belastbarkeit und Überwindung werden manchmal mit künstlerischem Verdienst gleichgesetzt – aber das ist hier nicht der Fall. Auf „I’ve Got Me“ greift Sternberg auf ein breiteres emotionales Spektrum und ein erweitertes musikalisches Vokabular zurück. Vom perkussiven Klirren von „People Are Toys to You“ bis zur verliebten Ballade „Right Here“ sind ihre Kompositionen stabile Gerüste aus warmer Akustikgitarre, von Brill Building und Bluegrass inspirierten Streicherakzenten und beruhigenden Zupfern des Kontrabasses. Ob die Kombination aus Klavier im Unisono und Steel-Gitarre bei „She Dreams“, dem E-Gitarren-Vamp bei „Human Magnet“ oder den sparsamen Klängen von „Stockholm Syndrome“ und „The Song“ – „I’ve Got Me“ klingt nicht gedämpft oder intim. Es ist einfach da, präsent, als ob sich einem plötzlich etwas Offensichtliches offenbarte.
Die Tracks auf „I’ve Got Me“ scheinen in ihrem Verhältnis zum Aufruhr hin und her zu gehen, aber das sollte nicht als Desorganisation aufgefasst werden. Vielmehr fühlt sich die Reihenfolge des Albums äußerst gewollt an: Trauer ist nicht linear, ebenso wie Heilung. Sternberg weigert sich, die Geschichte zu verdrehen, auch wenn dies eine nette Verbeugung für die Erzählung des Albums darstellen würde. Sternberg’s zitternde Stimme gleicht einer folkigen, grobschlächtigeren Blossom Dearie und wird nicht jedem gefallen, und ihre musikalische Palette ist erfreulicherweise nicht zeitgemäß, aber ihre Offenheit und Wärme des Charakters sind universell.
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