Editors – In This Light And On This Evening

Indie RockSynth Pop, VÖ: Oktober 2009
Gitarrenwände werden auf dem neuen Album der EDITORS durch einen krassen, elektronischen Sound und Songs über Krieg, Gott, die CIA und den Tod ersetzt.

Widersprüchlicher könnten die Meinungen über das neue Werk der Editors kaum auseinander gehen. Von den einen hochgelobt und als Album der Woche ausgezeichnet, fallen der gegnerischen Seite nach erwartungsvollen und freudigen Gesichtern, diese nun bis zu den Merkel-Mundwinkeln herunter. Doch spalten die Editors seit Jahren die Musikgemeinde und auch Muse mussten mit der letzten Platte „The Resistance“ die Erfahrung erleben. Wir halten uns dagegen neutral, schwenken die weiße Fahne und finden: Die angebrochene Ausgangssituation mit „An End Has A Start“ wurde bravourös an einigen Stellen weitergeführt, dafür mussten andere ungebremst in eine plötzlich auftretende Sackgasse steuern. Klare Linien sind Angelpunkt auf der ersten Singleauskopplung „Papillon“ und lassen uns wie aus einem tiefen unruhigen Schlaf erwachen. Mulmige Synthesizer als Vorboten, Chöre als rasende Meute und dazu die kraftvolle Stimme von Tom Smith verbinden wie schon auf den letzten Werken, New Wave mit fragilen Indie Pop Elementen und verzichten diesmal glücklicherweise auf den oft angesprochenen Coldplay-Effekt.

Trotzdem bleiben die Vergleiche mit Muse ungebrochen, denn auch die Single der Editors versteht es hervorragend den Hörer zu blenden. Eingängig stürmen die Synthies zielstrebig nach Vorne, reißen uns mit und sorgen für hymnische Momente der besonderen Art, bevor ebenfalls die Fassade allmählich zu bröckeln beginnt. Und das dahinter ist nicht unbedingt für jedes Auge erstrebenswert. Es verbergen sich düstere und kalte Soundgebilde, die 80er Jahre fließen noch tiefer in die Strukturen ein, feuchter Elektro-Nebel verliert sich in Selbstmitleid und eine schutzlose Offenbarung ergründet die Tiefen der Runderneuerung um die Editors. „The band will explore a new direction on their next album, pursuing a new, rawer sound“. Und das trifft exakt auf die neuen Stücke zu. Der Band aus Stafford muss an dieser Stelle ein Entschuldigung im Namen der Öffentlichkeit gegeben werden. Und zwar für die vielen hochtrabenden Kritiken nach der zweiten Platte, die Editors würden die Pfade des Mainstreams erklimmen und den großen Reichtum suchen.

Das widerlegen die vier Engländer mit „In This Light And On This Evening“ zweifelsfrei. Aber im Gegenzug hat das nicht unbedingt zu einer qualitativen Steigerung beigetragen, ganz im Gegenteil. Die Editors beweisen hier Ihren Hang zu ausufernden und übertrieben poetischen Melodien. Die permanenten Vergleiche mit Interpol sind Geschichte, die mit New Order beginnen. Aber auch Ian Curtis oder Joy Division hätten diese Platte schreiben können und Sänger Tom Smith beschwört sogar schamlos die 1980er Melodramen, wenn er singt, „Headlights in your rear-view mirror, a panther’s eyes as he preys on fear, you hunt for love, you election-eer“. Nun, schlussendlich ist es wie immer eine Frage der persönlichen Einstellung zu den Editors und des eigenen Geschmacks. Aber so richtig können die meisten dieser Stücke nicht den Charme aus vergangenen Tagen zurück in die Gegenwart transportieren. Da wäre noch der gleichnamige und ominöse Titeltrack, mit einem brennenden Anfang und dem explosionsartig stampfenden Schlagzeug.

Dazu der Fuzz-Bass und Signaltöne des Morse-Codes zeigen gleich zu Beginn eine erschütternde Wirkung. Der kräftige Drall Richtung Elektronik ist ein fester Bestandteil auf „In This Light and On This Evening“ und sorgt für so manchen Überraschungseffekt, doch wurde fast ebenso viel heiße Luft beigemischt, die logischerweise nach kurzer Zeit in die Atmosphäre entschwinden und somit das nackte und kalte Editors Album alleine zurück lassen wird.

6.3