Bo Peep – Vibe

Rock, VÖ: Juni 2010

Tokio ist bekanntlich eine Stadt, dessen Tribute definitiv andere sein dürften als Schläfrigkeit, Langeweile oder Ärger. Ebenso ist die Kombination aus “Zeit” und “haben” unvorstellbar, das Gefühl zu westlichen Werten differenziert und ähnlich verhält es sich mit dem Blick auf die Live-Musik-Szene zwischen Großbritannien und dem Neon-Land. Bezahlt werden muss, wer auf der Bühne stehen will. Das gilt auch für die kleinsten Orte rund um Tokio. Die Musiker sind nett zueinander und dortige Menschen verzichten auf unangemessenes Schubladendenken, wie es hierzulande nicht mehr wegzudenken ist. Man darf jedoch bei den Auftritten in Tokio gerne das eigene Schuhwerk ablegen und kommen damit direkt zu einer Band, deren Optik und Sound nur wenig mit den gewohnten Genres aus Europa und den Vereinigten Staaten gemeinsam haben: Bo-Peep nennt sich dieses Mädchen-Garage-Punk-Trio und fetzt nicht selten bei Ihren zahlreichen Gigs die Bühnenkulisse auseinander. Das Magazin Drowned In Sound betitelte das Trio im letzten Jahr mit folgenden Worten: “Dynamic, grunge-inflected rawk that hurts in the best way possible.” Und ähnlich verhält es sich mit der aktuellen Single ‘ Power ‘ inklusive verdrehtem Videoclip. Der Song gehört zum neuen Album ‘ Vibe ‘ und erschien offiziell Mitte des Jahres auf dem Label Flightpath Records & Tours.

Insgesamt haben die Mädels bereits zwei weitere Platten unter Ihre Fans geschmissen, wenngleich das neue Werk den meisten Eindruck hinterlassen dürfte. So kraftvoll und direkt wurde selten etwas durch die Boxen gepresst. Der Opener legt vor, das zweite Stück ‚ Junction Guerrilla ‚ nach. So einfach wie es beschrieben werden kann, so einfach und trotzdem stilsicher bewegen sich die drei Mädels Sushi Burning!, Geisha Burning! und Hanabi Burning! durch die Strophen, Zeilen und Refrains. Das Chaos scheint zu jeder Sekunde vorprogrammiert, die Riffs brennen heiße Narben in unsere Haut und das japanisch/englische Geschrei pustet einem das Schmalz durch die Ohren. Es mag eklig klingen, doch für die kommenden Minuten darf man sich bei Bo-Peep sowieso für nichts zu Schade sein.‘ I Do My Best ‚ schlägt die kommerzielle Richtung ein, während ‚ She ‚ quietschend und stöhnend durch 185 unkontrollierte Sekunden rumpelt. Das erste Highlight nach ‚ Power ‚ und vielleicht bester Track darauf ist ‚ Levell3 ‚ mit rotierenden Riffs, unglaublich eingängigen Refrains und eher man sich versieht, spuckt uns mit ‚ Try, Try, Try ‚ der tatsächliche Höhepunkt frontal zwischen die Augen.

Das ist die Strafe wenn auf ‚ Vibe ‚ voreilige Schlüsse gezogen werden. Erst nach ‚ Let Yourself Go ‚ und dem gesamten Ausmaß Ihrer Qualitäten darf man sich setzen, zurücklehnen oder was auch immer. Hauptsache es hilft dem geprügelten Kreuz in irgendeiner Form die Schmerzen abzustreifen. Es ist ein wahrlich wilder Ritt durch die knappe halbe Stunde. Ein Ritt der Spuren hinterlässt, aber nicht nur körperlich. Umso deutlicher fällt am Ende der bewundernde Blick aus, mit dem wir das neue Album ‚ Vibe ‚ bestaunen. Selten waren wir so sprachlos wie gerade eben und nicht zuletzt mussten wir deshalb die Platte auf die letzten Tage im Jahr 2010 an die Öffentlichkeit zerren. So darf ein Jahr sehr gerne vorübergehen! Wir verabschieden uns ebenfalls, winken, geben artig einen Knicks, zwinkern mit dem Auge, lassen den Vorhang herab und verschwinden in der aufsteigenden Dunkelheit. Doch diesen Abgang natürlich nicht ohne Bo-Peep!