Billy Talent – Billy Talent III

Alternative RockRock, VÖ: Juli 2009
Billy Talent I war ein Debütalbum, das in Teilen rockte und vielversprechend war. Billy Talent II war ein fantastisches Album und Billy Talent III lässt sich in einem Wort zusammenfassen: Durchschnitt.

„All right motherfuckers?!“ Ja das ist eine immer gern genommene Frage von Sänger Ben Kowalewicz, wenn es sich um das Wohlbefinden seiner Fans vor der Bühne handelt. Zuletzt brüllte er diese drei Worte letzten Monat bei Rock am Ring lautstark ins Mikrophon und bekam eine überschäumende Begeisterungswelle zurück geschmettert. Aber wie viel der eigenen Identität ist noch vorhanden wenn man dort auf der großen Bühne steht und noch dazu die Songs der ersten Platte fast vollständig unter den Tisch fällen lässt? Manche meinen es ist die Weiterentwicklung, doch wenn dem so wäre, dann wohin? Verstärkt in Richtung Massenmarkt? Fragen über Fragen, die auch bei der dritten Platte von Billy Talent nicht weniger werden. Zumindest behalten Sie die klar strukturierte Reihenfolge Ihrer Alben bei: „Billy Talent III“ nennt sich folglich das dritte Werk des Quartetts aus Toronto, Kanada und zeigt gleich mit dem Opener „Devil On My Shoulders“ bewehrte Kost. Zwar fehlt der zwingende Druck nach Vorne, die Gitarren suchen oftmals ein wenig hilflos nach Orientierung und flüchten sich in den Refrain „I got the devil on my shoulder/ And I just can’t keep getting lower / And to hell I’m getting closer/ I got the devil on my shoulder“. Kernaussage hier: Reimen muss es sich.

Schließlich soll auch noch der betrunkensten Fan fehlerfrei die Strophen mitgröhlen können. Besser wird es auch bei dem zweiten Track „Rusted From The Rain“ nicht. Sauber produziert von Brendan O’Brien entspricht es exakt den Vorgaben eines erfolgreichen Mainstream Rocksongs. Ein bisschen Gitarren, ein bisschen weniger der markanten Stimme von Ben, dafür vielmehr liebliche Melodien und klar strukturierte Arragements, die eine künstlerische Art und Prägung vergangener Tage nun entgültig in den Boden hämmert. Krönender Abschluss ist hier das äußerst motivationslose Gitarrensolo von Ian D’Sa. Hoffnung bringt der dritte Song „Saint Veronika“ mit einem verdammt unruhigen und nervösen Aaron Solowoniuk an den Drums. Dieser bringt das erste Mal Schwung in den enttäuschenden Auftakt der Platte. Er treibt die restlichen Mitglieder beständig nach Vorne und auch Ian D’Sa scheint endlich wieder seine Spur gefunden zu haben. „Tears Into Wine“ übernimmt den Lauf, wird rasanter und kompromissloser, verscheucht nun endlich die enttäuschenden Anfangsminuten aus unseren Köpfen und nimmt endlich auch den Fuß von der hart in Mitleidenschaft gezogenen Bremse.

Konnte diese bei Gebrauch vor drei Jahren zumindest noch für eine gewisse Dynamik sorgen, erreichen Billy Talent auf ihrem dritten Album das nur noch bedingt. „Pocketful Of Dreams“ wäre so ein Kandidat. „The Dead Can’t Testify“ marschiert dagegen vorbildlich durch über vier Minuten, ohne an Spannung und Drive zu verlieren. Sie können es noch. Ja das beweisen die Herren aus Toronto immer wieder Mal auf dem dritten Langspieler. Aber für 43 Minuten ist das eindeutig zu wenig. Vieles klingt zu gebügelt, ein Manko das viele einstige Punk und Alternativ Rock Bands einholt. Natürlich, mit wachsendem Erfolg kommt meistens auch der Massenmarkt mit verführerischen Wimpernschlag um die Ecke und klopft an die Tür. Billy Talent haben geöffnet und dürfen sich nun als Belohnung über weiter steigende Verkaufszahlen freuen. Keine Frage, das Album rockt auch weiterhin überdurchschnittlich viel und weiß ebenfalls geschickt die Elemente miteinander zu verknüpfen, doch gleichzeitig klingen Billy Talent wieder ein Stück weniger nach Billy Talent. Wo wird die Reise hinführen? Keiner kann es sagen, also abwarten und beim nächsten „All right motherfuckers?“ einfach mal ein bisschen weniger laut sein.

6.7